„Wir müssen den Klimaschutz in unserer Arbeit berücksichtigen“, sagte Christine Lagarde, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) Ende vergangenes Jahres. „Ich brauche da Ihren Input“. Damit hat sie heftige Diskussionen ausgelöst. Wie sinnvoll ist es, dass sich die EZB für mehr Klimaschutz einsetzt?
Das Wichtigste auf einen Blick
- EZB-Präsidentin Lagarde will Klimaschutz bei ihrer Arbeit berücksichtigen
- 60 Organisationen fodern mehr Investitionen der EZB in grüne Anleihen
- Kritiker sehen die Marktneutralität in Gefahr
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Preisstabilität als oberstes Ziel
Vorweg: Das oberste Ziel der EZB ist die Preisstabilität. Das geht aus den Europäischen Verträgen von Maastricht hervor. Wurde eine Preisstabilität erreicht – was derzeit nicht der Fall ist – kann die EZB auch andere Ziele verfolgen, welche der EU dienlich sind. Außerdem ist sie dem Prinzip der Markneutralität verpflichtet.
Sollte die EZB mehr „grüne“ Anleihen kaufen?
Einige dieser Grundsätze werden derzeit in Frage gestellt. So fordert ein Bündnis von 60 europäischen Institutionen, dass die EZB mehr „grüne“ Anleihen kaufen solle. „Die EZB sollte sich unverzüglich dazu verpflichten, kohlenstoffintensive Vermögenswerte schrittweise aus ihren Portfolios zu streichen“, lautet eine Forderung des Bündnisses.
Das Bündnis setzt sich aus Nichtregierungsorganisationen, dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, dem „Club of Rome“ sowie weiteren Organisationen zusammen. Dorothea Schäfer, Finanzexpertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), ist ebenfalls der Meinung: „Die Aufforderung, die EZB möge bei ihrem Anleihenkaufprogramm grüne Anleihen bevorzugen, ist klug und berechtigt.“
Unions-Abgeordnete sehen Instrumentalisierung der EZB
Ein Gegner der Forderungen nach einer „grüneren“ Geldpolitik ist Jens Weidmann. Er meint: „Eine Geldpolitik, die explizit umweltpolitische Ziele verfolgt, läuft Gefahr, sich zu übernehmen.“ Rückendeckung erhält er unter anderem von einigen Abgeordneten der Unions-Fraktion.
„Wir fordern, die politische Unabhängigkeit und Marktneutralität der Europäischen Zentralbank zu bewahren“, schreiben diese in einem Positionspapier. Sie glauben nicht an „gute“ und „böse“ Investments und warnen vor dem Einfluss nicht demokratisch legitimierter Nichtregierungsorganisationen.
Lockere Geldpolitik als größtes Problem für das Klima?
Abseits dieser Vorschläge lässt sich jedoch fragen: Wäre der größte Dienst, den die EZB dem Klimaschutz erweisen könnte, nicht eine Abkehr von der lockeren Geldpolitik? Sollte sie nicht besser das Anleihekaufprogramm einstellen, statt immer neue Anleihen – egal ob grün oder nicht – zu kaufen? Auch ein Anheben des Leitzinses könnte dem Klima helfen. Schließlich macht er Sparen unattraktiv und fördert starken Konsum. Sparer würden sich über diese Klimaschutzmaßnahme sicher auch freuen.
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Weiterführende Links
Welt – Die EZB wagt sich an das nächste Tabu
Tagesspiegel – Wird Klimaschutz jetzt Schwerpunkt der EZB?
Handelsblatt – Unions-Abgeordnete warnen vor Instrumentalisierung der EZB