Braucht Deutschland einen TÜV für Finanzprodukte?

Es war das wohl Unvermeidliche: der Windparkfinanzierer Prokon musste Insolvenz anmelden – und dies nach all den großen Worten und der verlockenden Werbung, die über Jahre gemacht wurden. Für viele Anleger bedeutet dies ein Schock, dachten sie doch, ihr Geld, das sie in Genussrechten bei Prokon angelegt hatten, sei sicher. Und es war kein Wunder, dass dann umgehend die Diskussion hochkochte, dass man den Grauen Kapitalmarkt besser regulieren, oder aber solche riskanten Anlageprodukte gleich ganz verbieten müsse.

Einführung eines TÜV für Finanzprodukte

Dies ist nicht unbedingt jedermanns Sache, schließlich sollte jeder Anleger immer noch selbst entscheiden dürfen, wo, wie und zu welchem Risiko er sein Geld anlegt. Doch es gibt auch noch eine andere Lösung, die vielleicht sogar irgendwann Schule machen könnte: ein TÜV für Finanzprodukte. Einen solchen forderte der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bund, Gregor Gysi, gestern in „Das Duell bei n-tv“ und machte dabei deutlich: „Was ist so schlimm daran, wenn der Staat im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher solche Informationen schafft und dafür sorgt, dass das Ergebnis mit draufsteht?“ Und Gysi weiter: „Das Risiko muss einschätzbar sein. Wenn es nicht einschätzbar ist für die Bürgerinnen und Bürger, dann darf ich es ihnen auch gar nicht verkaufen.“ Gysi fordert damit zugleich, dass auf die Risiken einer Anlageart hingewiesen wird. Dies geschieht seiner Ansicht nach derzeit viel zu wenig. „Da müsste eben ganz klar drin stehen – dann kann man auch sagen, der Verbraucher ist selbst schuld – ganz klar drinstehen, wie groß das Risiko ist, dass man alles verlieren kann.“, wirft Gysi deshalb in den Diskussionsraum – und stellt damit das laufende System in Frage, aber irgendwie zugleich eben auch die Mündigkeit der Anleger. Denn ist es nicht so, dass bereits die Anleger darauf achten sollten, wie risikoreich ihre Geldanlage ist? Alles darauf abzuschieben, dass man nicht richtig informiert wurde, ist auch nur der halbe Weg. Die andere Hälfte sollte eigentlich darin bestehen, dass man sich selbst die nötigen Informationen beschafft, was ja mittlerweile durch das Internet immer besser und vor allem auch schneller und einfacher funktioniert. Anstatt sich darauf auszuruhen, dass man es nicht besser wusste und dass alle anderen böse sind. In „Das Duell bei n-tv“ zum Thema „Mehr Rendite, noch mehr Risiko – sind wir zu gierig?“ lehnte Finanzmarktexpertin Sandra Navidi, die als Analystin an der Wall Street tätig ist, einen solchen TÜV für Finanzprodukte ab. Navidi  macht dabei deutlich: „Es ist eine Irreführung der Bürger, wenn man sagen würde: Wir prüfen das jetzt alles und dann hat das ein Gütesiegel. Wir haben auch keinen Politiker-TÜV. Die wählen wir auch heute und wissen auch nicht, was in ein paar Jahren dabei rauskommt.“ Diesem Statement kann man sich wohl nur anschließen. Denn letztlich kann eines Tages auch das heute noch als sicher geltende Festgeld nicht mehr oder zumindest weniger sicher sein, beispielsweise wenn es Umstellungen bzw. Änderungen bei der Einlagensicherung geben sollte. Für die Privatbanken in Deutschland wird diese nach und nach kommen, dies ist bereits heute klar. Deshalb kann immer nur vom gegenwärtigen Stand der Dinge ausgegangen werden, nicht aber von zukünftigen Szenarien. Und letztlich sollte es in der Verantwortung eines jeden einzelnen Bürgers selbst liegen, wo und wie er sein Geld anlegt und welches Risiko er dabei bereit ist, einzugehen.

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