Leitzinssenkung: EZB erfüllt die Erwartungen

Die Erwartungen wurden erfüllt: Die Europäische Zentralbank (EZB) entschied im Rahmen der Ratssitzung am 6. Juni 2024 die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent zu senken. Der Einlagenzins fiel ebenfalls um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent und der Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität auf 4,50 Prozent. Diese Werte gelten ab 12. Juni 2024. Mit diesem Schritt läutet die EZB die aktuelle Zinswende ein – es handelt sich um die erste Zinssenkung seit acht Jahren. Nicht alle dürften indes mit der Entscheidung zufrieden sein.

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • 4. Ratssitzung der EZB im Jahr 2024
  • Leitzins wird auf 4,25 Prozent gesenkt, der Einlagenzins fällt auf 3,75 Prozent
  • Prognose: Die Anzahl der Zinssenkungen für 2024 bleibt überschaubar

EZB hebt Inflationsprognosen an

Der Kurs war bereits vorgegeben und die EZB hält sich an ihren Fahrplan. Entsprechend ging es diesmal um 25 Basispunkte beim Leitzins abwärts. „Auf Grundlage einer aktualisierten Beurteilung der Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission [sei] es inzwischen angemessen, den Grad der geldpolitischen Straffung zu reduzieren“, so die EZB in der Pressemitteilung.

In der aktuellen Ratssitzung gab die EZB zudem bekannt, dass es wohl noch eine Weile dauern dürfte, bis die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich normalisieren. Der binnenwirtschaftliche Preisdruck bleibe „angesichts des kräftigen Lohnwachstums“ hoch. Die Prognosen für die Gesamt- und die Kerninflation für 2024 und 2025 wurden gegenüber den Aussagen im März nach oben korrigiert – die Gesamtinflation liegt demnach 2024 bei ca. 2,50 Prozent, bei 2,20 Prozent im Jahr 2025 und 1,90 Prozent im Jahr 2026. Die Kerninflations-Projektionen klettern auf 2,80 Prozent im Jahr 2024, 2,20 Prozent für 2025 und 2,00 Prozent im Jahr 2026.

An den Plänen, die Wertpapierbestände des Eurosystems aus dem Pandemie-Notfallankaufprogramm (PEPP) in der zweiten Jahreshälfte durchschnittlich pro Monat um 7,5 Milliarden Euro zu reduzieren, hat sich nichts geändert.

Für Sparer ist der Trend zu wieder sinkenden Zinsen ungünstig. Sind weitere Schritte der EZB bezüglich niedrigerer Leitzinsen absehbar, werden Banken und Sparkassen diese vergleichsweise schnell einpreisen. Insofern empfehlen Experten, sich die derzeitig höheren Sparzinsen längerfristig zu sichern – z. B. durch Anlagen mit Zinsgarantie.

Analysten sehen weniger Zinsschritte voraus

Die Leitzinssenkung war von den meisten Analysten vorab erwartet worden. Indes brachten die letzten Marktdaten viele Experten dazu, ihre Vorhersagen anzupassen. Für 2024 sind jetzt in der Regel zwei weitere Zinsschritte von jeweils 0,25 Prozentpunkten vorgesehen. Auch 2025 dürfte der Leitzins sinken. Wie stark? Das hänge sehr von der Entwicklung der Inflation und der Löhne in der Eurozone ab. „Wir gehen davon aus, dass sich die EZB zu künftigen Zinsschritten eher bedeckt halten wird“, erklärte u. a. Jan Holthusen, Leiter Research bei der DZ Bank.

Bei der Deutschen Bank rechnen die Analysten weiterhin mit insgesamt drei Zinssenkungen, schätzen allerdings die Wahrscheinlichkeit, dass es 2024 nur zu zwei Senkungen kommen wird, höher ein als für vier Zinssenkungen. Kurz vor der Ratssitzung gab es auch einige Kritiker, die eine generelle Verschiebung begrüßt hätten. So erklärte Michael Rasch, Wirtschaftskorrespondent der NZZ, dass die Zinswende „unnötig früh“ käme. Unter anderem verwies er auf die Inflationsrate, die im Euroraum immer noch über dem Zielwert der EZB liege und seit März nicht gefallen ist. Im Gegenteil: Die Teuerung kletterte im Mai von 2,4 auf 2,6 Prozent und die Kerninflation von 2,7 auf 2,9 Prozent. „Zugleich sind die wichtigen Zweitrundeneffekte bei Löhnen und Preisen weiterhin signifikant“, so Rasch in seinem Beitrag.

Ebenfalls wenig begeistert zeigte sich Klaus-Rainer Jackisch vom Hessischen Rundfunk in einem Beitrag auf Tagesschau.de. „Viel Spielraum hat die EZB [ohnehin] nicht. Denn sie hat sich erneut von den Aktienmärkten vor den Karren spannen lassen. Dort wollen die Anleger unbedingt Zinssenkungen erzwingen und haben in den vergangenen Monaten mit völlig unrealistischen Annahmen die Zinswende eingepreist, was die Kurse drastisch steigen ließ“, so Jackisch.

Die nächste Ratssitzung findet am 18. Juli 2024 in Frankfurt am Main statt.

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