EZB-Leitzins: Länder haben unterschiedliche Zinsbedürfnisse

Die aktuelle Staatsschuldenkrise in Europa hat gezeigt, dass einige Länder in der Eurozone lange Jahre haushaltspolitisch über ihre Verhältnisse gelebt und damit erhebliche Defizite angehäuft haben. Gleichzeitig ist die Wirtschaft in einigen Eurostaaten nicht so robust wie etwa in Deutschland oder Frankreich und trägt mit dazu bei, dass einige Ländern erheblich an internationaler Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt haben. Dies trifft vor allem auf die sogenannten Peripherieländer zu. Dazu zählen etwa Spanien, Portugal, Irland, Griechenland oder Italien. Die robusten Volkswirtschaften in Europa werden allen voran von Deutschland und Frankreich angeführt. Diese Teilung der Eurostaaten lässt sich auch anhand anderer makroökonomischer Variablen vollziehen. Beispielsweise kann man in eine Staatengruppte mit dauerhaft hohen Inflationsraten und dauerhaft niedrigeren Inflationsraten trennen. Ordnet man die Länder nach diesem Kriterien kommt in etwa eine ähnliche Sortierung heraus, wie bei den Staatsschulden.

Die so genannte Heterogenität der Eurozone dürfte vor allem im Hinblick auf die Inflationsunterschiede für die Europäische Zentralbank ein großes Problem darstellen. Die EZB soll schließlich mit ihrer Geldpolitik die Inflationsrate im gesamten Euroraum bei etwa 2 Prozent halten und damit Preisstabilität garantieren. Aber wie wirkt die für alle Länder einheitliche Geldpolitik in einem Land wie Spanien, das eine recht hohe Inflationsrate aufweist, im Vergleich zu Deutschland, das eher über dauerhaft niedrige Inflationsraten verfügt? Sind die geldpolitischen Bedürfnisse dieser Länder nicht grundlegend verschieden? Wie passt die aktuelle Niedrigzinspolitik beim EZB-Leitzins zu den hohen Inflationsraten in Griechenland und Portugal?

Das Problem des heterogenen Währungsraums und der dadurch divergenten Anforderungen der Mitgliedsländer an die Geldpolitik wird auch in der Forschung zur Geldpolitik thematisiert. Anhand aktueller Befunde lässt sich konstatieren, dass die Divergenzen im Euroraum zwar vorhanden sind, aber sich zumindest seit Bestehen der europäischen Währungsunion nicht weiter ausgeweitet haben. Teilweise haben sie sich in den letzten Jahren sogar eher reduziert. Das Problem, das die Geldpolitik sich divergenten Anforderungen an die Leitzinspolitik stellen muss, bleibt aber weiterhin existent.

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