Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich weiter für eine straffe Zinspolitik entschieden und den Leitzins erneut angehoben. Nach der aktuellen Ratssitzung gab die EZB bekannt, dass der Leitzins auf 4,50 Prozent p. a. ansteigt, was einem Plus von 0,25 Prozentpunkten entspricht. Der Einlagenzins, den Banken erhalten, wenn sie überschüssiges Zentralbankguthaben bei der EZB parken, geht aufwärts auf 4,00 Prozent und der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität liegt künftig bei 4,75 Prozent. Dies ist die 10. Anhebung in Folge. Die Zinssätze gelten ab dem 20. September 2023.
Das Wichtigste auf einen Blick:
- EZB hebt den Leitzins auf 4,50 Prozent an
- Keine Zinspause, obwohl die Wirtschaft in Europa schwächelt
- Nächste Ratssitzung folgt am 26. Oktober 2023
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Sparer dürfte die Zinsanhebung freuen
Die Zentralbank legt mit diesem Schritt erst einmal keine Zinspause ein, welche im Vorfeld von einigen Volkswirten angenommen wurde. Für Sparer dürfte das einen weiteren, wenngleich kleinen Schub bei den Sparzinsen bedeuten.
Laut der Prognose der EZB für das Euro-Währungsgebiet vom September dürfte die durchschnittliche Inflation 2023 bei 5,6 Prozent, 2024 bei 3,2 Prozent und 2025 bei 2,1 Prozent liegen. Diese Ergebnisse stellen für 2023 und 2024 eine Korrektur nach oben und für 2025 eine Korrektur nach unten dar.
Die EZB setzt mit der aktuellen Entscheidung weiter auf die Bekämpfung der steigenden Verbraucherpreise und legt bei den Leitzinsen nach. Die Inflationsrate in der Eurozone sinkt zwar seit Jahresbeginn, allerdings stagnierte die Entwicklung zuletzt. Im Juli 2023 lag die Inflationsrate bei 5,3 Prozent – ein Wert, der auch für August unverändert gilt. Als Zielsetzung der EZB sind weiter 2,0 Prozent angepeilt.
Unverändert gilt außerdem, dass die Bestände aus dem Anleihekaufprogramm (APP) sinken. Bei den Papieren aus dem Pandemie-Notfallprogramm werden die Tilgungsbeträge mindestens bis Ende 2024 weiterhin bei Fälligkeit wieder angelegt.
Im Vorfeld gingen 39 der 69 Volkswirte, die die Nachrichtenagentur Reuters in der ersten September-Woche befragte, von einer Zinspause aus (57 Prozent). Die übrigen 30 stimmten für die jetzt erfolgte leichte Anhebung um 0,25 Prozentpunkte. Die Volkswirte von Deutsche Bank Research setzten darauf, dass die EZB den Satz der Einlagefazilität im September nicht veränderte.
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EZB-Entscheidung umstritten
Die Entscheidung der EZB dürfte nicht unbedingt einstimmig gefallen sein. So plädierte Peter Kazimir, EZB-Ratsmitglied und Chef der slowakischen Notenbank, vorab für den weiteren Zinsschritt, da das Preiswachstum immer noch zu stark sei. Auch Klaas Knot, Präsident der niederländischen Zentralbank, sagte kürzlich in einem Interview mit Bloomberg, dass das Ziel einer Inflationsrate von 2,0 Prozent bis 2025 als „absolutes Minimum“ angesehen werden müsste. Andere Ratsmitglieder waren hingegen der Meinung, dass es im Zweifel genügen müsste, die Zinsen länger auf dem aktuellen Niveau zu belassen. Diese Stimmen kamen u. a. aus Italien.