Leitzins zu niedrig: Geldpolitik der Euro-Zone für Deutschland zu locker

Seit Juni dieses Jahres liegt der Leitzins für die Euro-Zone auf nur noch 0,15 Prozent. Immer wieder wurde viel diskutiert über den niedrigen Hauptrefinanzierungssatz für die Banken, der vor allem zu einem führt: Niedrigen bis sehr niedrigen Sparzinsen in Deutschland. Während in anderen Staaten der Währungsunion mitunter hohe Zinsen gewährt werden für Tagesgeld, Festgeld und Co., sieht es bei den Banken hierzulande oft eher düster aus mit den Sparzinsen. Beim Tag der offenen Tür der Bundesbank, der am Wochenende stattfand, hat sich nun auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann zu Wort gemeldet und dabei deutlich gemacht, dass der Leitzins aus deutscher Sicht zu niedrig ist.

Geldpolitik der Euro-Zone kontra eigenständige Geldpolitik

Weidmann stellt an diesem Wochenende eines heraus, dass die Geldpolitik Deutschlands eine andere wäre als die der Euro-Zone. Der Leitzins ist zu niedrig, die Geldpolitik zu locker, „wenn man sie durch die deutsche Brille sieht.“, wird der Chef der Deutschen Bundesbank im „Handelsblatt“ zitiert.

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Dies macht deutlich, wie weit die Schere auseinander geht zwischen den übrigen Staaten der Währungsunion und Deutschland, das noch mit einer starken Wirtschaft und einer gutgehenden Bankenbranche punkten kann. In anderen Ländern des Euro-Raums sieht die Lage anders aus:
  • In Portugal steht die Bankenbranche möglicherweise vor einem Zusammenbruch,
  • in Italien bremst eine Kreditklemme die Wirtschaft aus und
  • in Frankreich steigt die Arbeitslosigkeit an.

EZB-Geldpolitik zu locker für Deutschland

Eine eigenständige Geldpolitik Deutschlands sähe anders aus – mit höheren Leitzinsen und weitaus weniger locker als von der EZB praktiziert, dies hebt Weidmann hervor und zeigt damit das immer drängendere Problem auf: Deutschland ist nicht die Euro-Zone und die Euro-Zone ist nicht Deutschland. Die Währungsunion hat sich in eine Richtung entwickelt, in der wir nicht sind und in die wir hoffentlich auch nicht kommen werden. In den anderen Staaten des Euro-Raums grassiert die Krise, uns geht es gut, doch die Frage ist, wie lange noch angesichts der laschen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank.

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Niedrigzinsphase nicht länger als unbedingt nötig

Weidmann plädiert zudem dafür, dass die Phase der niedrigen Zinsen nicht länger als unbedingt nötig andauern dürfe. Ob die EZB dies interessieren wird? Eher nicht. Weidmann gilt nicht erst seit gestern als ein Quertreiber im Rat der Europäischen Zentralbank und es ist kein Wunder, dass ab kommendem Jahr der Turnus der geldpolitischen Sitzungen verändert werden wird. Nur noch alle sechs Wochen wird der EZB-Rat dann über geldpolitische Maßnahmen wie eine Änderung beim Leitzins, Anleihenkäufe und Co. beraten und entscheiden.

Unliebsamer Kritiker wird ab 2015 zeitweise ausgebremst

Zusammenfallen wird dies ausgerechnet mit einer schon vor Jahren beschlossenen Änderung zum Stimmrecht im EZB-Rat. Ab 2015 wird Deutschland und damit Bundesbank-Chef Jens Weidmann, alle fünf Mal kein Stimmrecht bei der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank haben. Dies wäre nicht so fatal, hätte die EZB nicht ab kommendem Jahr eine Änderung beim Sitzungsturnus beschlossen. Dies riecht sehr danach, als würden hier die restlichen Ratsmitglieder dem Quertreiber Weidmann noch mehr Wind aus den Segeln nehmen wollen. Bis Ende dieses Jahres wird der Rat der EZB einmal im Monat zu seiner geldpolitischen Sitzung zusammentreten. Ab kommendem Jahr wird dies nur noch alle sechs Wochen der Fall sein. Wird Deutschland dann zugleich sein Stimmrecht nicht wahrnehmen können aufgrund der oben genannten Änderung? Wird unser Land gleich  12 Wochen statt  zwei Monate außen vor sein bei derart wichtigen Entscheidungen?

EZB will Banken die Kreditrisiken abnehmen

Doch nicht nur Bundesbank-Präsident Weidmann hat an diesem Wochenende Worte in Richtung EZB gerichtet. Auch Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret meldete sich hinsichtlich der Belebung des Markts für forderungsbesicherte Wertpapiere zu Wort. Die Europäische Zentralbank hat eine solche für den Herbst 2014 als mögliche geldpolitische Maßnahme in Aussicht gestellt. Dombret stellte sich einem Interview mit der Zeitschrift „Wirtschaftswoche“ gegen eine solche Lösung. Der „WiWo“ gegenüber erklärte der Bundesbank-Vorstand: „Ich bin der Auffassung, dass der Kauf von forderungsbesicherten Wertpapieren kein Instrument der Geldpolitik ist. Zentralbanken sollten den Banken nicht die Kreditrisiken abnehmen“. Die richtigen Worte für das Warum seiner Ablehnung findet Dombret auch: „Die EZB darf nicht zur Bad Bank des Euro-Raums werden“. Genau in diese Richtung würde die Europäische Zentralbank mit einer solchen Lösung gehen, was im schlimmsten Falle sogar das baldige Ende der Euro-Zone einläuten könnte.

Von der Bad Bank in die Finanzkrise des Jahrhunderts?

Beginnt die Europäische Zentralbank damit, als Bad Bank für die Euro-Zone zu fungieren, verliert sie nicht nur ihren Status der Unabhängigkeit, sondern setzt sich gleichzeitig immensen finanziellen Risiken aus. Sollten die Banken den Forderungen irgendwann nicht mehr nachkommen können, was angesichts der aktuellen Bankenkrise in Portugal bereits jetzt vorauszusehen ist, würde dies zu einem Zusammenbruch der EZB führen. Dies würde mit Sicherheit, Optimismus hin und Pessimismus her, zur wohl schlimmsten Finanzkrise in diesem Jahrhundert führen.

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Austritt Deutschlands aus der Euro-Zone die Lösung?

Kritiker des Euro sehen für Deutschland nach wie vor nur eine Richtung: Den Austritt aus der Währungsunion. Ob dies jedoch wirklich die Lösung für alle Probleme rund um das Niedrigzinsniveau ist? Eher nicht. Der jahrelang starke Euro hat auch hierzulande für ein Aufblühen der Wirtschaft gesorgt, und auch jetzt, wo andere Euro-Staaten schwächeln, sind wir immer noch im Aufschwung begriffen. Dennoch sollte hier eines nicht vergessen werden: Durch den niedrigen Leitzins und in dessen Folge die niedrigen Sparzinsen und die niedrigen Kreditzinsen, ist die Konsumfreude der Bundesbürger ungebrochen hoch. Dies fördert die Binnenwirtschaft und lässt diese blühen. Während der Außenhandel nach wie vor nicht in die Gänge kommt und im Mai 2014 einen Rückgang von 1,1 Prozent gegenüber dem Vormonat vorweisen musste. Eine plötzliche Erhöhung des Leitzinses würde damit zwar zur gewünschten Wirkung steigender Sparzinsen führen, doch zugleich würden die Zinsen für Ratenkredite und für Unternehmenskredite wieder höher getrieben werden. Was in der Folge zu einem sinkenden Konsum führen und damit die Binnenwirtschaft schwächen könnte. Zieht der Außenhandel bis dahin nicht an, wären auch wir im Sog der europaweiten Wirtschaftskrise angekommen.

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