Leerverkäufe sind eine – besonders in Finanzkrisen – viel geächtete Transaktion. Dabei handelt es sich um eine zweiteilige Transaktion, die zu verschiedenen Zeiten stattfindet. Zunächst leiht sich ein Investor Aktien, um sie dann am Aktienmarkt zum aktuellen Aktienkurs zu verkaufen. Endet die Leihfrist, muss der Investor die Aktien wieder zurückgeben. Dazu kauft er am Aktienmarkt dann wiederum zum aktuellen Aktienkurs die Aktien und gibt sie an den Verleiher zurück. Spannend ist nun die Kursdifferenz zwischen dem Verkaufs- und der Rückkaufszeitpunkt. Ist der Kurs in der Zwischenzeit gesunken, hat der Investor einen Gewinn gemacht. Sind die Kurse zwischenzeitlich gestiegen, erleidet der Investor einen Verlust. Zwei Unterscheidungen können darüber hinaus noch vorgenommen werden: Wenn der Investor sich die Aktien tatsächlich leiht und demnach beim Verkauf am Markt auch besitzt, handelt es sich um einen gedeckten Leerverkauf. Ist dies nicht der Fall, handelt es sich um einen ungedeckten Leerverkauf.
In Finanzmarktkrisen ist es ein beliebtes Vorgehen von Regulierern, Leerverkäufe zu verbieten. Die Begründung dafür scheint zunächst einleuchtend: Durch Leerverkäufe können Investoren in fallenden Märkten Geld verliehen, was höchstwahrscheinlich die Tendenz zu sinkenden Kursen erhöht. In Finanzmarktkrisen ist die Volatilität an den Aktienmärkten besonders hoch und könnte durch die Leerverkäufe noch weiter erhöht werden. Zur Destabilisierung ist es daher aus Sicht der Regulierer ein gutes Mittel, die Leerverkäufe zeitweilig zu verbieten. Für dieses Vorgehen gibt es auch zahlreiche historische Beispiele – auch in Deutschland.
Die empirische Wirtschaftsforschung wiederlegt die intuitive Argumentation der Regulierer mit harten Fakten: Es ist statistisch signifikant nachweisbar, dass ein Verbot von Leerverkaufsrestriktionen in Krisenzeiten nicht zu einer Destabilisierung der Aktienkursvolatilität führt. Ganz im Gegenteil: Durch den Verbot, wird es den Investoren erschwert, die fundamentale Komponente eines Aktienkurses korrekt zu identifizieren. Dies erhöht die Unsicherheit und damit auch die Volatilität an den Märkten zusätzlich. Somit ist aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht ein handfester Beweis dafür erbracht, dass diese Form der Finanzmarktregulierung kontraproduktiv ist.