Eurozone: Anspannungen am Kredit- und Geldmarkt

Der EZB-Rat hat Anfang Mai über den geldpolitischen Instrumenteneinsatz der Europäischen Zentralbank (EZB) entschieden und sich dafür ausgesprochen, die aktuelle Politik auch weiterhin zu betreiben. Damit wird an dem Kurs, den der neue EZB-Präsident Mario Draghi geldpolitisch eingeschlagen hat, vorerst nichts verändert. Dies scheint zudem auch eine Konsensentscheidung innerhalb des höchsten geldpolitischen Gremiums Europas gewesen zu sein, da Draghi verkündete, dass nicht über eine Zinsänderung diskutiert worden sei.

Möglicherweise kann dies auch die Antwort auf die bisher verhaltene Reaktion vieler Banken in Punkto Kreditvergabe sein. Diese ist nämlich trotz der stark expansiven Geldpolitik und außerordentlicher Liquiditätsspritzen der EZB nicht deutlich expandiert. Die Banken haben innerhalb des Währungsraums im gesamten Monat März nur etwa 0,6 Prozent mehr Kredite vergeben als im Vorjahresmonat. Die Wachstumsrate im Februar war noch um 0,2 Prozentpunkte höher ausgefallen. Begründbar ist diese Entwicklung möglicherweise mit der schwächeren Kreditnachfrage, die sich angesichts wirtschaftlich unsicherer Zeiten und den neuen Entwicklungen im Rahmen der europäischen Staatsschuldenkrise insbesondere in den Peripherieländern eingestellt haben könnte. Wenn jetzt weitere Kredite aufgenommen würden, könnte man also davon ausgehen, dass es sich dann um besonders riskante Investitionsprojekte handeln könnte.

Nicht nur der Kreditmarkt entwickelt sich eher mittelmäßig. Auch der Geldmarkt bleibt weiterhin ein Sorgenkind und wird von der EZB höchstwahrscheinlich mit Argusaugen beobachtet. Aufgefallen ist in den letzten Monaten, das verhältnismäßig viele Banken Gebrauch von den Ständigen Fazilitäten, hier insbesondere der Einlagenfazilität machen. Dabei handelt es sich um eine Möglichkeit, bei der EZB über Nacht Geld zu einem sehr ungünstigen Zinssatz zu parken. Der Zinssatz der Einlagenfazilität bildet den untersten Zins, den eine Bank auf ihre Einlagen am Geldmarkt überhaupt erzielen kann. Dies deutet auf eine vorsichtige Stimmung bei den Banken hin, die lieber viel Liquidität zu ungünstigen Konditionen bei der EZB parken, als sie anderen Banken zu höheren Zinsen zu verleihen. Bei der EZB ist man schließlich auf der sicheren Seite. Ökonomen sprechen bei einer derartigen Anlagestrategie auf dem Geldmarkt häufig von der "Angstkasse".

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