Die Europäische Währungsunion befindet sich aktuell in einem politischen Findungsprozess. Nach den Wahlen in Frankreich und Griechenland sind die politischen Verhandlungsmächte neu strukturiert. Von Kontinuität und Gültigkeit alter Absprachen ist daher nicht mehr unbedingt auszugehen. Dies zeigt sich insbesondere hinsichtlich des Fiskalpaktes, der den Mitgliedsländern der Währungsunion unter anderem eine in der Verfassung verankerte Schuldenbremse auferlegen will. Hierbei geht es allerdings nicht nur auf direkte Art und Weise um die Reduzierung von Staatsschulden, sondern könnte auch vor der Hintergrund der persistenten Heterogenität innerhalb der Währungsunion einen hilfreichen Beitrag leisten. Letztlich ist es nämlich auch eine Frage der wirtschaftlichen Konvergenz, ob sich alle Länder zu einer Schuldenbremse verpflichten oder nicht.
Der europäische Fiskalpakt könnte zu einer konvergenten Entwicklung innerhalb des Euros beitragen, wenn er die Fiskalpolitik der einzelnen Länder tangiert. Wenn beispielsweise finanzielle Mittel durch den Fiskalpakt in diejenigen Länder gelenkt werden, die unter einer sehr schwachen Wirtschaftsentwicklung leiden, könnte eine Annäherung der Konjunkturzyklen und der Preisentwicklung erreicht werden. Einen derartigen Mechanismus, der einen entsprechenden Anpassungsprozess herbeiführen könnte, ist im Rahmen des Fiskalpakts allerdings noch längst nicht vorgesehen. Ein solcher Schritt könnte erst in einer weiteren Stufe, der sogenannten Fiskalunion, umgesetzt werden. Diese ist allerdings hochumstritten, da somit herausragende nationale Befugnisse an eine übergeordnete Ebene abgetreten werden müsste. Dazu würde unter anderem das Budgetrecht der einzelnen Länder zählen.
Solange derartige Mechanismen nicht realistisch sind, gilt es über andere Wege Konvergenzbemühungen durchzuführen. In den letzten Jahren sind hier schon erhebliche Fortschritte erzielt worden. Nachdem die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit vieler südeuropäischer Länder mit zu den Auslösern der Staatsschuldenkrise gezählt wurde, hat sich die Wettbewerbsposition dieser Länder in letzter Zeit durchaus verbessert. Um weitere Fortschritte zu erzielen, raten Ökonomen die Vorschläge des neuen französischen Staatspräsidenten, den Fiskalpakt um Wachstumsimpulse zu erweitern, nicht automatisch abzulehnen. In den südeuropäischen Ländern können Wachstumsimpulse durchaus mit dazu beitragen, einen höheren Grad an Konvergenz zu erreichen. Inwieweit dies mit den Sparkursen im Einzelnen vereinbar sein wird, steht jedoch auf einem anderen Blatt Papier.