Greensill-Insolvenz: Kommunen bangen um 158,5 Millionen Euro

Der australisch-britische Finanzkonzern Greensill Capital hat offiziell Insolvenz angemeldet. Das betrifft auch deutsche Kunden, die bei der Bremer Tochter Greensill Bank Geld angelegt haben. Zwar könnten Privatanleger glimpflich davonkommen, da ihre Einlagen über die gesetzliche Einlagensicherung bis 100.000 Euro und ggf. zusätzlich über die Mitgliedschaft der Greensill Bank im Sicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken geschützt sind. Anders sieht es jedoch für Länder, Kommunen und Gemeinden aus. Laut unseren Recherchen bangen diese derzeit um rund 158,5 Millionen Euro.

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • 13 Kommunen bangen um 158,5 Millionen Einlagen bei der Greensill Bank
  • Seit einer Reform im Oktober 2017 unterliegen Einlagen von Kommunen nicht mehr der freiwilligen Einlagensicherung
  • Die Stadt Gießen wirft der BaFin versagen vor

Bisher sind 13 Kommunen betroffen

Einige Kommunen und Städte haben deutlich mehr Geld bei der Greensill Bank angelegt, als die gesetzliche Einlagensicherung bis 100.000 Euro abdeckt. Allein das Land Thüringen kommt auf eine Anlagesumme von 50 Millionen Euro. Ob die Kommunen ihr Geld zurückerhalten, ist ungewiss.
Kommune / Betrieb Anlagesumme
Land Thüringen 50.000.000 EUR
Stadt Monheim 38.000.000 EUR
Kölner Bühnen 15.000.000 EUR
Stadt Osnabrück 14.000.000 EUR
Stadt Gießen 10.000.000 EUR
Eigenbetrieb Stadtentwässerung der Stadt Garbsen 8.500.000 EUR
Stadt Emmerich 6.000.000 EUR
Gemeinde Vaterstetten 5.500.000 EUR
Gemeinde Pöcking 5.000.000 EUR
Stadt Mengen 3.000.000 EUR
Bad Dürrheim 2.000.000 EUR
Gemeinde Schauenburg 1.000.000 EUR
Stadt Brotterode-Trusetal 500.000 EUR
Gesamtsumme 158.500.000 EUR
Quellen: eigene Recherchen

Die Zahl der betroffenen Kommunen könnte in den nächsten Tagen und Wochen noch steigen. Insider gehen davon aus, dass bis zu 500 Millionen Euro keinem Schutz durch die Einlagensicherung unterliegen. Grund dafür ist eine Änderung bei der freiwilligen Einlagensicherung, die im Oktober 2017 in Kraft getreten ist.

Für Kommunen gilt die freiwillige Einlagensicherung seit 2017 nicht mehr

Mit der Reform des Einlagensicherungsfonds im Oktober 2017 sollte dessen Finanzkraft gestärkt werden. Die Beschlüsse seien notwendig, um auf das neue regulatorische Umfeld und ein verändertes Anlageverhalten bestimmter Investorengruppen zu reagieren, hieß es damals von Seiten des Bankenverbandes. Seither gilt für Bund, Länder, Kommunen und bankähnliche Kunden kein Schutz durch den freiwilligen Einlagensicherungsfonds mehr. Privatkunden waren und sind von dieser Änderungen nicht betroffen.

Die Stadt Gießen, die erst Ende vergangenen Jahres 10 Millionen Euro bei der Greensill Bank angelegt hatte, wollte dieses für wichtige Infrastrukturmaßnahmen in der Stadt nutzen. Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz von der SPD erklärte das Geld nun für gefährdet und ging hart mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hart ins Gericht. So beklagte sie, dass die Kontroll- und Schutzmechanismen versagt hätten. „Die BaFin hat uns im Stich gelassen. Ihre Warnung hätte uns anders handeln lassen.“[1] Sie will sich nun über den Deutschen Städtetag mit anderen betroffenen Städten zusammentun und nach einer gemeinsamen Lösung suchen.

Weiterführende Links

[1] Hessenschau – Gießen fürchtet um 10 Millionen Euro bei Pleite-Bank

Tagesschau – Greensill Capital ist pleite

Bankenverband – Reform der Einlagensicherung