EZB-Rat vor der Dezembersitzung

Geldpolitische Maßnahmen der EZB
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Der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi will die Euro-Zone weiter aus der Krise holen will. Doch nicht jeder der Ratsmitglieder der EZB ist mit ihm einer Meinung, wie die aktuellen Aussagen von EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger deutlich machen. Lautenschläger sieht derzeit wenig Bedarf für eine neuerliche Lockerung der Geldpolitik in der Währungsunion. Wie die Nachrichtenagentur „Reuters“ berichtet, machte die  EZB-Direktorin am Samstag in der Bundeshauptstadt deutlich, dass sie kaum noch einen Spielraum sieht für weitere unkonventionelle Maßnahmen der Europäischen Notenbank.

Lautenschläger sieht sehr hohe Hürde

Auf dem Wirtschaftsforum der „Süddeutschen Zeitung“, das von Donnerstag bis Samstag der vergangenen Woche abgehalten wurde, machte Sabine Lautenschläger deutlich: „Nach jetziger Lage liegt für mich die Hürde für weitere Maßnahmen sehr hoch, zumal für großangelegte Kaufprogramme.“ Zudem falle für sie „[…] die Abwägung von Kosten und Nutzen, von Chancen und Risiken eines Programms großangelegter Staatsanleihekäufe […] derzeit nicht positiv aus […]“, so Lautenschläger in Berlin. Angesichts der am Donnerstag dieser Woche letzten Ratssitzung der Europäischen Zentralbank für das laufende Jahr ist dies eine wichtige Ansage seitens der im Rat zugleich stimmberechtigten EZB-Direktorin.

Kaum noch Spielraum für Geldpolitik vorhanden

Wie viel Spielraum hat die EZB wirklich noch, angesichts eines mit 0,05 Prozent nur noch knapp über 0,00 Prozent befindlichen Leitzins und einem Strafzins für Bankeinlagen von minus 0,20 Prozent? Der Ankauf von Pfandbriefen und Kreditverbriefungen wurde beschlossen. Nun gilt es abzuwarten, ob diese Maßnahmen ziehen. Doch EZB-Chef Mario Draghi hat es eilig mit seiner Politik der unkonventionellen Maßnahmen, ob er sich jedoch bereits bei der Ratssitzung im Dezember wird durchsetzen können? EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger sieht derzeit jedenfalls kaum noch einen Spielraum, damit weitere Maßnahmen die Wirtschaft in der Euro-Zone beleben könnten. Für Lautenschläger ist klar: Bevor es zum Ergreifen weiterer solcher unkonventioneller Maßnahmen kommen dürfte, sollte erst einmal abgewartet werden, ob die bisherigen Schritte ziehen. Für die Direktorin der Europäischen Notenbank bedeutet das Abwarten eine Dauer von „[…] allemal drei, vier, fünf Monaten […]„. Was bedeutet: Sollte Draghi auf Teufel komm raus seine Bazooka bereits im Dezember zücken wollen, dürfte ihm viel Gegenwind entgegenstehen. Zumal der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB nach wie vor sehr umstritten ist. In der letzten Ratssitzung in diesem Jahr dürften damit kaum wesentliche Entscheidungen in der Geldpolitik für die Euro-Zone gefällt werden. Es sei denn, der Präsident der Europäischen Zentralbank überrollt die anderen Ratsmitglieder doch noch, was nicht zu hoffen ist.

Keine Enteignung der Sparer durch niedrige Zinsen!

Der niedrige Leitzins führt zu niedrigen Sparzinsen. Dieses Modell geht auf, dennoch sieht Sabine Lautenschläger keine Enteignung der deutschen Sparer durch niedrige Zinsen. Ihrer Ansicht nach hätten die Sparer nichts von höheren Zinsen, wenn an deren Stelle die Konjunktur schrumpfen und es so zu einem Verlust von Arbeitsplätzen kommen würde. Die EZB-Direktorin sieht durch den niedrigen Leitzins eher gegeben, dass es den Bürgern auf mittlere Sicht besser ginge. Von dieser Hoffnung ist zumindest die Europäische Zentralbank getragen. Ob es wirklich so kommen wird wie erdacht, werden die nächsten Jahre zeigen müssen. Ein Anstieg des Leitzinses ist fürs Erste nicht in Sicht. Die Sparer in Deutschland werden damit weiter mit niedrigen Zinsen für ihre Ersparnisse leben müssen.Sollte der Leitzins auf nur noch 0,00 Prozent gesenkt werden, dürfte dies zu einem weiteren Rückgang der Sparzinsen führen. Je nach Bank oder Sparkasse ist jedoch längst keine Luft mehr nach unten, weil das Minizins-Niveau längst erreicht ist. Ein Abrutschen in eine nominale Negativverzinsung für Unternehmen wie für Privatkunden wird deshalb möglicherweise bald zur Tagesordnung gehören in Deutschland.

Vergabe von Krediten im Oktober rückläufig

Wie die kürzlich von der Europäischen Zentralbank veröffentlichen Zahlen für Oktober dieses Jahres zeigen, ist die Kreditvergabe weiter rückläufig. Die
  • bisherigen geldpolitischen Maßnahmen,
  • der niedrige Leitzins,
  • der Strafzins für Banken sowie
  • das Ankaufprogramm für ABS-Papiere
haben damit im Folgemonat der Rats-Entscheidungen nicht die gewünschte Wirkung gezeigt. Während Experten von einem Rückgang von 1,0 Prozent ausgegangen waren, sank die Vergabe von Krediten in der Euro-Zone im Oktober sogar um 1,1 Prozent. Gleichzeitig wuchs die Geldmenge M3 nur um 2,5 Prozent, die Experten-Prognose für den Anstieg hatte auf 2,6 Prozent gelegen.
Kreditvergabe im Oktober 2014
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Jahresteuerung in der Euro-Zone wieder gesunken

Doch nicht nur die deutlich rückläufige Kreditvergabe macht der Europäischen Zentralbank zu schaffen. Die Jahresteuerungsrate ist nach wie vor nicht auf dem Weg zur gewünschten Stabilität von 2,0 Prozent, sondern ist sogar wieder gesunken. Während die Inflationsrate im Oktober 2014 noch auf 0,4 Prozent gelegen hat, sank die Teuerung in der Euro-Zone im November den Schätzungen von Eurostat nach auf nur noch 0,3 Prozent. Damit ist das Ziel, die Verbraucherpreise in den Ländern der Währungsunion anzutreiben, weiter verfehlt. Die EZB steht damit, will sie weiter als Währungshüter ihren Dienst verrichten, mit dem Rücken immer enger zur Wand.

Grundsatzentscheidung der EZB steht vor der Tür

Ob im Dezember noch ein wichtiger Beschluss gefällt werden wird im Rat der Europäischen Zentralbank, dies halten viele für fraglich. Dennoch steht für die Notenbank als Währungshüter der Euro-Zone eine Grundsatzentscheidung an. Werden weitere Anleihen aufgekauft werden, dies wird die Frage sein. Der Ankauf von Staatsanleihen wird von Experten kritisch betrachtet, zumal er möglicherweise einen rechtlich nicht haltbaren Eingriff in die Märkte darstellen könnte. EZB-Vizepräsident Vitor Constancio sieht deshalb für das 1. Quartal des kommenden Jahres eine Grundsatzentscheidung anstehen. Dabei wird sich zeigen müssen, wer mitzieht, wer nicht mitzieht, wer sich dem Ankauf von Staatsanleihen entgegenstellen und wer diese geldpolitische Maßnahme befürworten wird. Vor allem die Entscheidung aus deutscher Sicht dürfte dabei von großem Interesse sein, ist doch Bundesbank-Chef Jens Weidmann ein strikter Gegner eines solchen Ankaufprogramms von Staatsanleihen.

Rotation der Stimmrechte im EZB-Rat

Im Januar 2015 wird Litauen der Euro-Zone beitreten. Deshalb ändern sich aufgrund der geänderten Gegebenheiten die Stimmrechte im Rat der Europäischen Zentralbank. Das heißt, ab kommendem Jahr gibt es gleich zwei wesentliche Änderungen bei der EZB:
  • Zum einen wird das Rotationsprinzip eingeführt,
  • zum zweiten wird der Rat nicht mehr monatlich zu seiner geldpolitischen Sitzung zusammentreten, sondern turnusmäßig nur noch alle sechs Wochen.
Für den EZB-Rat bedeutet dies gravierende Änderungen, da die Chefs der Notenbank bei den Entscheidungen zwar jedes Mal mitdiskutieren aber dabei nicht immer ihre Stimme abgeben dürfen. Die Direktoren der EZB, zu denen Sabine Lautenschläger gehört, behalten indes ihr volles Stimmrecht und dürfen damit bei jeder der Ratssitzungen mit abstimmen.

Niedrige Sparzinsen zwingen Sparer weiter zum Umdenken

Welche Entscheidungen auch immer der Rat der Europäischen Zentralbank in den kommenden Sitzungen treffen wird, eines dürfte bereits jetzt klar sein: Der Leitzins wird noch über Monate niedrig bleiben. Ein Streichen der Strafzinsen für Bankeinlagen bei der EZB ist zudem noch lange nicht in Sicht. Die Bundesbürger, die sich Geld auf die hohe Kante legen und dafür eine positive Realverzinsung erhalten wollen, sind damit weiter gezwungen, sich nach anderen Anlagearten umzusehen. Wer trotzdem nur auf Festgeld, Tagesgeld, Sparbriefe und Ähnliches setzt, der muss dabei zusehen wie sein Geld bei immer mehr Banken einfach zerrinnt. Alternativen sollten deshalb gesucht und gefunden werden. Alles auf eine Karte setzen sollten Anleger jedoch nicht, gerade der Graue Kapitalmarkt mit seinen mitunter hohen Zinsversprechen bietet zwar gute Möglichkeiten, die aber auch von einem hohen Risiko begleitet sein können. Wie die Anleger, die auf die Genussrechte des insolventen Windparkfinanzierers Prokon gesetzt haben und nun miterleben müssen, dass sie aller Voraussicht nach einen großen Teil ihrer angelegten Gelder im wahrsten Sinne des Wortes in den Wind schreiben können.

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