Nach langer Ablehnung durch die Regierungsparteien CDU/CSU und FDP hat es nun doch eine erste Annäherung in Richtung Finanztransaktionssteuer gegeben. Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits am frühen Morgen in einem Interview für das ARD/ZDF Morgenmagazin eine leichte Kurskorrektur in ihrer Europapolitik vorgenommen hatte, sickerte zum Mittag hin auch die Zustimmung zur Finanztransaktionssteuer durch. Politikwissenschaftler vermuten inzwischen, dass Merkel mit diesem Kursschwenk, mit dem sie sich an die französische Politik annähert, nicht mehr ausschließlich als "Madame Non" in Europa positionieren will. Merkel will nicht mehr nur blockieren, sondern Initiative ergreifen und Projekte voranbringen.
Dabei waren insbesondere auch von Seiten der FDP vehemente Bedenken gegen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Deutschland vorgetragen worden. Die Steuer kann nur auf einem schmalen Grad zwischen Wirksamkeit und negativen Folgen eingerichtet werden. Zum einen besteht die Gefahr, dass sie nicht nur Finanzprodukte und damit die Refinanzierung der Realwirtschaft verteuert, sondern auch Substitutionsprozesse auslöst. Letztere würden dazu führen, dass Finanztransaktionen fortan nicht mehr in Deutschland durchgeführt werden, sondern schlicht und einfach per Mausklick in Länder verlagert werden, die keine Steuer auf die Transaktionen erheben. Sollten sich damit Großteile der Transaktionen auf andere Märkte verlagern, könnte der Finanzstandort Deutschland darunter erheblich leiden. Diese beiden Bedenken sind argumentativ nur sehr schwierig zu widerlegen. Hauptargumente, die für die Einführung der Steuer sprechen, sind zum einen der Fiskalzweck in Zeiten schwieriger Haushaltslage und zum anderen eine Art Bestrafung für die Finanzindustrie.
Die Banken“ haben aus Sicht vieler Menschen entscheidend mit zur Entstehung der Finanzkrise 2008/2009 und der Staatsschuldenkrise beigetragen. Weil sie Gewinne privatisiert und Verluste über Rettungsschirme auf die Steuerzahler als unbeteiligte Dritte abgewälzt haben, sollen sie nun für den finanziellen Schaden zur Rechenschaft gezogen werden und eine Steuer bezahlen. Vielen entgeht dabei jedoch, dass schon aus der allgemeinen Steuerwirkungslehre bekannt ist, dass nicht die Banken selbst diese Abgabe zahlen, sondern sie über höhere Preise auf die Nachfrager überwälzt wird. Damit trifft die Steuer nicht nur institutionelle sondern auch private Anleger – und damit wieder die Steuerzahler.