Über Weihnachten ist es im Finanzsektor offensichtlich zu erheblichen Liquiditätsüberschüssen gekommen. Dies macht die heute gemeldete Tatsache deutlich, dass die Banken immer mehr Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. In der Regel haben die Geschäftsbanken nämlich die Möglichkeit am Interbankengeldmarkt, einem Teilmarkt des Geldmarktes, Guthaben bei der Zentralbank untereinander zu handeln und damit Liquiditätsüberschüsse und Liquiditätsfehlbeträge auszutarieren. Darüber hinaus haben die Geschäftsbanken auf eigene Initiative hin auch immer die Möglichkeit Einlagen bei der Zentralbank zu tätigen oder Kredite aufzunehmen. Diese läuft dann über die ständige Fazilitäten als geldpolitische Instrumente der EZB.
Zum Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität haben die Geschäftsbanken die Möglichkeit, sich jederzeit bei der Zentralbank zu refinanzieren. Zum Zinssatz der Einlagenfazilität können Geschäftsbanken jederzeit Geld bei der Zentralbank anlegen und damit Liquiditätsüberschüsse anlegen. Die ständigen Fazilitäten werden allerdings nur sehr selten von Geschäftsbanken in Anspruch genommen, da sie in der Regel mit eher ungünstigen Konditionen verbunden sind. Der Zinssatz des Spitzenrefinanzierungssatzes ist in der Regel sehr hoch. Schließlich dient er auch als glaubwürdige Zinsobergrenze für den Tagesgeldsatz.
Der Zinssatz der Einlagenfazilität ist in der Regel sehr niedrig, da auch er als glaubwürdige Zinsuntergrenze für den Tagesgeldsatz gilt. Offensichtlich sind in der aktuellen Situation also viele Geschäftsbanken bereit ihre Liquiditätsüberschüsse zu einem sehr geringen und damit für sie ungünstigen Zinssatz bei der Zentralbank zu parken. Eine alternative Lösung wäre es, die Liquidität über Tagesgelder anderweitig und möglicherweise auch zu höheren Zinsen anzulegen. Das Vertrauen für derartige Transaktionen zwischen den Geschäftsbanken ist derzeit aber wohl nicht existent. Daher legen die Banken lieber bei der EZB ihr Geld zu ungünstigen Konditionen an. Sicherheit geht dann offenbar vor Rendite.
Um die Theorie nun mit Zahlen zu füllen, lassen sich die ungünstigen Konditionen der ständigen Fazilitäten mit dem Zinssatz für die Einlagenfazilität darstellen. Der liegt aktuell bei 0,25 Prozent und ist damit äußerst gering. Dennoch ist die Summe der bei der EZB geparkten Mittel von 350 Milliarden Euro vor Weihnachten auf mehr als 400 Milliarden Euro nach Weihnachten angestiegen.