VideoIdent-Verfahren vor dem Aus? Geplante Verordnung sorgt für Unruhe

Wer ein neues Bankkonto, eine Kreditkarte oder einen Kredit beantragen möchte, muss nach dem Online-Antrag oft durch das sogenannte VideoIdent-Verfahren. Eine neue Richtlinie soll das grundlegend ändern und könnte vor allem bei Fintech-Firmen, bei denen dieses Verfahren als Geschäftsmodell fungiert, für gewisse Unruhe sorgen. Doch auch für Kunden könnte sich im Falle einer Umsetzung einiges ändern.

Hintergrund ist, dass das Bundesfinanzministerium es sich zum Ziel gesetzt hat, ein wesentlich effizienteres Verfahren zu etablieren, das vor Geldwäsche schützt und vollständig auf Automatisierung setzt. In Folge soll es für die Kunden als auch für die Banken bei der gesetzlich vorgeschriebenen Identifizierung schneller und (für die Banken) kostengünstiger werden.

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Mit dem VideoIdent-Verfahren können sich Anleger bequem von Zuhause aus verifizieren lassen, um beispielsweise ein Bankkonto zu eröffnen.
  • Nun könnte eine neue Verordnung die Art und Weise, wie Banken die Identität ihrer Kunden überprüfen, grundlegend verändern.
  • Der Entwurf sieht sowohl halb-automatisierte als auch vollautomatisierte Verfahren vor und soll allgemein schneller sein und weniger kosten.

Das Ziel des Referentenentwurfs? Schneller, weniger Fehler-anfällig, weniger Kosten

Vor diesem Hintergrund arbeitet das Bundesfinanzministerium derzeit an einem entsprechenden Entwurf, der im Ergebnis zur Zulassung von mehr Alternativen zum VideoIdent-Verfahren haben soll. Leidtragende eines solchen Entwurfs könnten Anbieter des Video-Ident Verfahrens wie WebID und IDNow sein, die bis dato signifikante Umsätze mit diesem Verfahren verbuchen.

Dabei ist das bisherige VideoIdent Verfahren durchaus praktikabel und von der Allgemeinheit akzeptiert, jedoch nicht frei von Problemen. Was in der Theorie relativ einfach funktioniert, in dem man mittels Smartphone Kamera seinen Ausweis vorzeigt, der dann von einem Mitarbeiter des Video-Ident geprüft wird und wenn alles in Ordnung ist, ist der Antrag quasi abgeschlossen.

Bei allem technologischen Fortschritt sollte man hier nun davon ausgehen können, dass dieses Verfahren mittlerweile einwandfrei funktioniert uns es keinen Grund für irgendeine Beanstandung geben sollte. Doch zeigt sich mit Blick in zahlreiche Online-Foren ein etwas anderes Bild, denn hier berichten Nutzer des Verfahrens immer wieder von Problemen mit der Erreichbarkeit der Callcenter-Mitarbeiter sowie zahlreichen Problemen durch schlechte Lesbarkeit des Ausweis-Dokuments, Instabilität des Systems etc. Was in der Regel zu Frustration auf Kundenseite führt? Die Folge, die Bank verliert in dem Moment einen wichtigen Kunden.

Fintechs beklagen: Bisher geltendes Video-Ident stellt Hemmschuh beim Wachstum dar

Gerade für Fintech-Unternehmen, die Banken-Dienste und / oder Trading-Leistungen etc. anbieten, ein Umstand, der schmerzt. Denn diese Unternehmen sind auf stabiles Wachstum angewiesen. So verwundert es nicht, dass hier in der Vergangenheit entsprechende Kritik am Video-Ident an sich geübt wurde, sondern eben auch darauf verwiesen wurde, dass man sich gegenüber den etablierten Verfahren zur Identitätsfeststellung im Ausland benachteiligt fühle.

Genau diese Kritik aufgreifend, soll nun ein Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums entgegenwirken. In diesem Entwurf steht vor allem die Automatisierung des Ident-Verfahrens im Zentrum.

Entwurf sieht sowohl halb-automatisierte als auch vollautomatisierte Verfahren vor

Was Folgendes bedeutet: So soll neben der reinen Videoprüfung künftig auch teilautomatisierte Verfahren zugelassen werden. Dabei erfassen Nutzer ihre Identität selbst, beispielsweise durch das Hochladen eines Fotos vom Personalausweis und ihrem Gesicht. Ein Mitarbeiter prüft die Aufnahmen anschließend im Hintergrund auf Plausibilität. Die Nutzer bekommen davon nichts mit. Im Ergebnis ist der Prozess also erheblich kürzer, vor allem aber weniger anfällig für Fehler.

Um dieses Verfahren jedoch in der beschriebenen Art und Weise auch in der Praxis umsetzen zu können, bedarf es der Nutzung der sogenannten Online-Ausweisfunktion (eID). Das Problem dabei? Kaum jemand nutzt in Deutschland bis dato diese Funktion. Um das zuvor beschriebene teilautomatisierte Verfahren erfolgreich etablieren zu können, müsste sich als die Nutzung der eID grundlegend ändern.

Zweite Alternative wäre also voll-automatisiertes Verfahren. In dem Fall würde die Identität ausschließlich mithilfe KI-gestützter Bild- und Textanalysen überprüft werden. Interessant dabei? Die menschliche Nachkontrolle würde hier ebenso entfallen wie die eID Funktion.

Ein weiterer Vorteil? Beide Verfahren kosten deutlich weniger und genau dies hätte Folgen für etablierte Anbieter wie WebID und IdNow.

Referentenentwurf zum Video-Ident stellt etablierte Geschäftsmodelle infrage

Experten in der Branche sind sich einig: Sollten diese neuen Verfahren tatsächlich zugelassen werden, könnten Banken und andere Finanzinstitute erhebliche Kosteneinsparungen verzeichnen. Derzeit kostet ein VideoIdent-Verfahren zwischen sieben und acht Euro pro Vorgang. Dieser Preis lässt sich kaum rechtfertigen, wenn man bedenkt, dass halb- oder vollautomatisierte Lösungen am Horizont stehen. Anbieter traditioneller VideoIdent-Verfahren werden bald kaum noch mehr als zwei bis drei Euro verlangen können, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben wollen.

Fazit

Die neuen Verfahren könnten die Art und Weise, wie Banken die Identität ihrer Kunden überprüfen, grundlegend verändern. Eine stärkere Automatisierung verspricht nicht nur Kosteneffizienz, sondern auch schnellere Prozesse und möglicherweise ein reibungsloses Kundenerlebnis. Die Zukunft der Identitätsverifizierung steht damit vor einem Wendepunkt, der sowohl für Banken als auch für Kunden spürbare Auswirkungen haben wird.

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