Die Zinsen auf Tagesgeld und Festgeld sind derzeit für Anleger, die ihr Kapital zwischenzeitlich parken möchten, durchaus sehr attraktiv. Mit Tagesgeldzinsen von bis zu 3 Prozent p.a. lässt sich hier nicht nur die Kaufkraft des Kapitals angesichts einer Inflationsrate von 2 Prozent sichern, sondern sogar auch noch eine kleine zusätzliche Rendite erwirtschaften. Dabei sind die vergleichsweise hohen Zinsen auf das Tagesgeld eigentlich ungewöhnlich. Der Leitzinssatz der EZB liegt mit 1 Prozent deutlich unterhalb des Tagesgeldzinssatzes. Im Normalfall reagieren die beiden Zinssätze jedoch gleichgerichtet und befinden sich auf einem sehr ähnlichen Niveau. Aktuell jedoch ist dies nicht der Fall.
Über den Leitzins steuert die Europäische Zentralbank den Tagesgeldsatz als operatives Ziel ihrer Geldpolitik. Dieser Tagesgeldsatz bildet sich auf dem Interbankengeldmarkt, auf dem die Geschäftsbanken untereinander das Guthaben bei der Zentralbank handeln. Hier stellen sich die Geschäftsbanken also gegenseitig Liquidität für das privatwirtschaftliche Liquiditätsmanagement zur Verfügung und leihen sich untereinander Geld zu diesem entsprechenden Zinssatz. Im Regelfall ist dieser Zinssatz fast identisch zum Zinssatz auf Tagesgeldkonten. Denn auch Tagesgeldkonten stellen eine Refinanzierungsmöglichkeit für die Geschäftsbanken dar und sind demnach ein nahes Substitut zur Liquiditätsaufnahme am Interbankengeldmarkt. Aus diesem Grund sollten die Zinsen auf vergleichbarem Niveau sein.
Dennoch kann diese Konvergenz der beiden Zinssätze nicht beobachtet werden, da der Interbankengeldmarkt mit zahlreichen Problemen konfrontiert ist. Die Geschäftsbanken handeln am Interbankengeldmarkt nur noch eingeschränkt untereinander, da ein Vertrauensproblem existiert. Man weiß nicht, welche Bank mit welchen Anteilen in möglicherweise von einem Haircut bedrohte Staatsanleihen investiert ist. Daher wollen sich die Geschäftsbanken untereinander nicht mehr im normalen Maße Geld leihen, da sie befürchten, dieses Geld möglicherweise nicht mehr zurück zu erhalten. Daher parken die Geschäftsbanken bereits jetzt große Geldbeträge bei der Europäischen Zentralbank. Dieser kann man ja vertrauen. Liquidität wird gleichzeitig gerne auf andere Art und Weise aufgenommen: von privaten Anlegern über Tagesgeld- und Festgeldkonten wie das seit gestern erhältliche Barclays Tagesgeld. Aus diesem Grund bieten die Banken hier aktuell gerne einen höheren Zinssatz als sonst üblich wäre.