Seit vielen Monaten zittern Deutschlands Sparer vor jeder Ratssitzung der Europäischen Zentralbank, in der es um den Leitzins geht. Die wichtige Marke für die Höhe der Sparzinsen wurde vergangenen Juli auf 0,75 Prozent gesenkt, seitdem befinden sich vor allem die Zinsen für Tagesgeldkonten im freien Fall. Nach der letzten geldmarktpolitischen EZB-Ratssitzung brachte Notenbank-Chef Mario Draghi ein wenig Beruhigung für die Gemüter: den Leitzins werde man vorerst nicht anschauen. Das bedeutet: bis auf weiteres werde der Leitzinssatz auf dem gleichen Stand bleiben – zumindest solange sich die Wirtschaftsdaten im Zuge der Eurokrise nicht verschlechtern.
Dies ergänzte Bundesband-Chef Jens Weidmann am Freitag vergangener Woche bei einer in Washington abgehaltenen Pressekonferenz. "Aber wenn sich die Daten ändern, werden wir auch die Zinsen neu untersuchen.", wird er entsprechend vom "Handelsblatt" zitiert.
Dies könnte jetzt eine durchaus beruhigende Nachricht sein, die Sparer wieder ruhiger schlafen lassen könnte. Wären da nicht die Banken, die sich mittlerweile nicht mehr darum zu scheren scheinen, ob der Leitzins stabil scheint und die Europäische Zentralbank ein weiteres Senken damit vorerst deutlich ausgeschlossen hat. Gleich drei Banken haben auf heute ihre Zinsen für das Tagesgeld gesenkt, und wieder einmal ist es die schlechte Marktsituation, welche die Banken zu ihren Zinssenkungen treibt. Nur welche Situation auf dem Markt damit gemeint ist, dies bleibt inzwischen immer mehr im Nebel. Denn: der Leitzins ist zwar niedrig, aber seit mehr als neun Monaten stabil auf dem gleichen Wert. Das bedeutet, Zinssenkungen nach der Senkung des Leitzins im Juli 2012 waren zwar verständlich, aber die Zinssenkungswelle, die 2013 noch mal deutlich an Fahrt aufgenommen hat, ist damit nicht mehr zu erklären.
Eine Bank nach der anderen senkt derzeit die Zinsen. Auf heute haben Cortal Consors, die Renault Bank direkt und binnen weniger Tagen zum zweiten Mal die Wüstenrot direkt die Tagesgeldzinsen gesenkt. Damit wird die Luft im Tagesgeld Ranking immer dünner und die wenigen guten Zinsangebote noch weniger. Für Sparer stellt sich dabei die Frage, ob sie die derzeitige Situation aussitzen wollen, bis die Zinsen irgendwann wieder steigen werden – oder ob sie sich andere Anlagearten suchen, die höhere Zinsen, aber dafür auch ein höheres Risiko mit sich bringen.
Dies ist die Frage, die sich Sparer nun stellen müssen. Ob nun ein Ende der Zinssenkungen eingeläutet werden wird, ist derzeit eher unwahrscheinlich. Eine Bank steckt die andere an mit ihren Zinssenkungen und anstatt den Kunden Stabilität zu bieten, werden die Zinsen munter weiter gesenkt. Anleger sollten dies vielleicht im Hinterkopf behalten, wenn die Tagesgeldzinsen und die Zinsen für Festgeldkonten irgendwann wieder steigen werden. Denn gerade die Banken, die aktuell eine Zinssenkung nach der anderen raushauen, egal ob der Leitzins stabil bleibt oder nicht, haben wohl wenig Interesse daran, an der Seite ihrer Kunden und mit stabilen Zinsen auszuharren, bis der Leitzins aller Voraussicht nach im kommenden Jahr wieder steigen wird.