EZB vor nächster historischer Leitzinssenkung?

In den letzten Tagen ist es ruhig geworden um die Europäische Zentralbank. Ob dies an der Urlaubszeit liegen mag oder an der Tatsache, dass es bereits im Tiefen brodelt, kann nicht gesagt werden. Nur eines ist gewiss: Heute steht die nächste Ratssitzung der EZB an, bei der es wieder darum gehen wird, endlich die richtigen geldpolitischen Maßnahmen zu finden, welche die Euro-Zone aus ihrem Tal befreit.

Kampf gegen die sinkende Inflation

Die Europäische Notenbank steht mit dem Rücken zur Wand. Die vor einigen Jahren ausgegebene Preisstabilität von 2,0 Prozent wird längst nicht mehr erreicht – von keinem der Staaten in der Euro-Zone. Das Gegenteil ist der Fall, wie die Schnellschätzung zur Inflationsrate von Eurostat am 31. Juli dieses Jahres gezeigt hat. Bedingt durch die Leitzinssenkung und die Einführung des Strafzinses für Einlagen von Banken sollte die Wirtschaft in den verschuldeten Staaten anziehen. Gebracht hat dies nichts. Die Verbraucherpreise stiegen nicht, weil die Konjunktur nicht angekurbelt werden konnte. Die Inflationsrate in der Euro-Zone sank auf nur noch 0,4 Prozent.

Tagesgeldrechner:

Bisherige Maßnahmen erfolglos

Der bisherige Kampf gegen die sinkende Inflation hat sich als wirkungslos erwiesen. Die EZB steht damit erneut vor der Frage bei ihrer monatlichen Ratssitzung: Welche Maßnahmen können wir noch ergreifen, um die Euro-Zone vor einer flächendeckenden Deflation zu bewahren. Langsam geht EZB-Chef Mario Draghi und seinen Ratsmitgliedern das Pulver aus, das noch verschossen werden könnte. Eine weitere Leitzinssenkung wäre eine Möglichkeit, ob sie ziehen würde, ist die große Frage. Ebenfalls im Rahmen des Möglichen wäre ein Anleihekaufprogramm, bei dem vor allem die Staatsanleihen verschuldeter Staaten erworben werden, um die Konjunktur in den betreffenden Staaten auf diese Weise anzutreiben.

Inflationsrate sinkt – Nur leichter Rückgang der Arbeitslosigkeit

Die Verbraucherpreise in der Euro-Zone sinken wieder. Die Arbeitslosigkeit geht indes kaum zurück. Die Europäische Zentralbank steht bei der heutigen Ratssitzung noch mehr wie bisher mit dem Rücken an der Wand. Werden nicht endlich zündende Maßnahmen ergriffen, welche nicht nur die Aktienmärkte nach oben treiben, sondern in der Wirtschaft des Euroraums greifen, könnte bald das Ende der Währungsunion besiegelt sein. Früher oder später werden die Unterschiede zwischen den Staaten, zwischen Verschuldung und Wirtschaftswachstum, nicht mehr unter einem Dach zu bündeln sein. Bereits jetzt leiden Deutschlands Bürger massiv unter den bisherigen Maßnahmen der EZB durch Sparzinsen, die trotz der niedrigen Inflationsrate keinen Inflationsausgleich mehr bieten und den Bundesbürgern damit eine negative Realverzinsung ihrer Ersparnisse bescheren.

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Quellen:

Leitzins zieht Kreditzinsen nach unten

Der immer weiter gesunkene Leitzins hat in den vergangenen Jahren zu einem Einbruch bei den Zinsen für Tagesgelder und Festgeldkonten gesorgt: Die Zinsen für Sparbücher lagen meist bereits im Keller. Doch die eine Kehrseite der Medaille hat eine zweite, die weniger negativ zu bewerten ist. Durch den niedrigen Leitzins sind die Zinsen für Kredite gesunken:
  • für Unternehmenskredite und
  • für Kredite an private Verbraucher.
Dies klingt zwar gerade hinsichtlich der schwächelnden Konjunktur vieler Staaten in der Euro-Zone gut, bringt aber nicht viel, werden diese günstigen Kredite nicht entsprechend nachgefragt.

Nachfrage nach Unternehmenskrediten zieht nicht an

Auf der einen Seite gibt es die günstigen Kredite für Unternehmen, auf der anderen Seite steht die Nachfrage der Unternehmen selbst. Die EZB hat durch die geldpolitischen Maßnahmen Kredite günstiger gemacht, indem die Banken der Euro-Zone das für sie billige Geld von der Zentralbank in Form von günstigen Krediten an Unternehmen weiterreichen sollten. Dies tun sie in vielen Fällen auch, aber der Kreditnachfrage durch die Betriebe hilft dies nicht auf die Sprünge. Die Unternehmen wollen nicht investieren in einer Zeit, in der die Zukunft der Betriebe mehr als ungewiss ist. Dies ist verständlich, wissen viele doch nicht, wie es morgen und übermorgen weitergehen soll für sie. Betriebswirtschaftlich hingegen ist dies ein Desaster. Statt den Weg des antizyklischen Investierens – des Investierens in Krisenzeiten – zu beschreiten, für das Ende der Krise gewappnet zu sein und danach vorne mitspielen zu können. Gehen diese Betriebe den gegensätzlichen Weg, streichen Mittel und Personal und machen sich damit auf das Ende einer Krise hin schwach, anstatt durch Investitionen gestärkt in den Aufschwung gehen zu können. Diese Unternehmen stehen bereits jetzt aufgrund des Investitionsstaus außen vor, wenn die Konjunktur der Schuldenstaaten wieder in die Gänge kommen wird.

Festgeldrechner:

Leitzinssenkung auf null Prozent?

Wird die Europäische Zentralbank den Leitzins senken oder nicht? Hier gibt es mehrere Möglichkeiten. Im Schatten der Urlaubszeit, in der sich die meisten Bürger in Europa eher für ihre Ferien interessieren denn für die Entscheidungen der EZB, könnte es richtig brodeln.
  • Eine Senkung des Leitzinssatzes auf null Prozent ist dabei nicht unwahrscheinlich.
  • Ebenso könnte es sein, dass die Notenbank der Euro-Zone den Hammer nicht ganz so sehr schwingt und den Leitzins nur um fünf Basispunkte und damit auf 0,10 Prozent senkt.
Da es in der letzten Zeit kaum Kommentare seitens der Ratsmitglieder der EZB gab, in welche Richtung die geldpolitischen Maßnahmen in der Ratssitzung vom August 2014 gehen könnte, kann vorab nur vermutet werden.
  • Der Leitzins könnte sogar weiter auf 0,15 Prozent bleiben.
Vorerst(!!!) trotz der gesunkenen Inflationsrate und dem bislang aussichtslosen Kampf gegen die Deflation in einigen Eurostaaten. Andere Maßnahmen sind dann möglich, wie beispielsweise dem Anwerfen eines gezielten Anleihekaufprogramms. Dieses ist jedoch nach wie vor umstritten, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat sich bereits vor einigen Wochen deutlich gegen ein solches Programm ausgesprochen.

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