Am Donnerstag tagte der EZB-Rat in Frankfurt und fasste einen Beschluss über das Niveau der Leitzinsen: Das historisch tiefe Zinsniveau (Statistik dazu siehe hier) mit einem EZB-Hauptrefinanzierungssatz von einem Prozent wird auch weiterhin konstant beibehalten. Diese Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, denn wie immer gab es im Vorfeld der Ratssitzung unterschiedliche Meinungen darüber, wie sich die EZB verhalten soll. Einige Experten vermuteten angesichts der sich zuspitzenden Situation in Spanien, dass die EZB die Leitzinsen noch weiter senken würde. Andere Experten vermuteten hingegen schon allein deshalb, dass sich die EZB damit zum ersten Mal in ihrer Geschichte unterhalb eines Zinsniveaus von einem Prozentpunkt bewegen würde, keinerlei Zinsänderung.
Die Entscheidung, das Zinsniveau zunächst einmal beizubehalten, ist keine 24 Stunden alt, da äußert sich ein Mitglied des EZB-Rats dahingehend, dass Zinssenkungen in Zukunft durchaus möglich sind. Ewald Nowotny gab bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bekannt, dass die EZB durchaus die Zügel in der Hand halte, wenn sich die Schuldenkrise weiter verschärfte. Dazu stehen „geldpolitische und liquiditätspolitische Möglichkeiten“ jederzeit bereit, so Nowotny. Das Ratsmitglied betont dabei, dass die aktuelle Entscheidung schließlich nur eine Dauer von zwei Wochen habe – bis zur nächsten Sitzung des Rates. Entscheidungen würden nicht im Vorfeld festgelegt, sondern immer auf Basis und Grundlage aktueller Entwicklungen getroffen. So sehe man derzeit negative Tendenzen hinsichtlich des Wirtschaftswachstums und beständige Risiken, die dies bedrohen. Zudem sei Spanien im Zentrum der Diskussion angelangt. Diesbezüglich fordert Nowotny die spanischen Verantwortlichen dazu auf, notfalls die EFSF-Hilfen in Anspruch zu nehmen und nicht zu lange zu zögern.
Zu den „geldpolitischen und liquiditätspolitischen“ Instrumenten, die Nowotny ansprach, zählt seiner Meinung nach offensichtlich nicht der Ankauf von Staatsanleihen. Die quantitative und qualitative Lockerung weiter zu betreiben, zeichne sich derzeit nicht ab. Auch eine erneute Aufnahme des Programms nicht. Da Nowotny ebenfalls keine langfristigen Geldspritzen für die Zentralbanken mehr prognostiziert, bleibt die Frage, welche Mittel dann noch greifen können. Letztlich wird es dann wohlmöglich doch irgendwann das erste Mal in der Geschichte werden, dass die EZB ihren Zins unter das Niveau von einem Prozent senkt.