Zinsentscheid: EZB bleibt sich treu

Ausnahmsweise nicht in Frankfurt am Main, sondern im Renaissance-Schloss Brdo, rund 30 Kilometer von Ljubljana (Slowenien) entfernt, tagte diesmal der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), um über die Entwicklung der Leitzinsen zu beraten. Wie erwartet, entschieden sich die Notenbanker, die drei Leitzinssätze um jeweils 25 Basispunkte zu senken. Damit liegt der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte ab dem 23. Oktober 2024 bei 3,40 Prozent. Der Zins für die Einlagefazilität sinkt auf 3,25 Prozent und jener für die Spitzenrefinanzierungsfazilität auf 3,65 Prozent. Der Zinsschritt kommt, wie erwähnt, nicht unerwartet, war allerdings auch nicht unumstritten. Die EZB bleibt sich bei der Argumentation hinsichtlich ihrer Entscheidung aber treu.

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Ab 23. Oktober: Leitzins sinkt auf 3,40 Prozent
  • Restriktive Geldpolitik vs. Konjunktur-Anschub
  • Letzte EZB-Ratssitzung des Jahres folgt im Dezember 2024

Dritte Zinssenkung in diesem Jahr

Die EZB traf ihre jüngste Entscheidung vor dem Hintergrund, dass die Inflation in der Eurozone zuletzt deutlich zurückging. Im September 2024 lag der Wert bei 1,70 Prozent und damit sogar 0,1 Prozent niedriger als vorab geschätzt. „Die aktuellen Daten zur Inflation zeigen, dass der Disinflationsprozess gut voranschreitet“, teilte die EZB entsprechend mit. Indes gehen die Experten davon aus, dass die Inflation in den kommenden Monaten noch einmal anziehen wird, bevor sie sich dem Zielwert von 2,00 Prozent wieder annähert. Vor allem steigende Löhne dürften für dieses Szenario sorgen.

Wird dieses Szenario Realität, dürfte die nächste Ratssitzung am 12. Dezember eher keine weiteren Zinsänderungen in diesem Jahrmit sich bringen.

Hinsichtlich der Anleihen bzw. Wertpapiere, welche die EZB in den vergangenen Jahren gekauft hat, gibt es zunächst auch keine Anpassungen. „Die APP-Bestände verringern sich in einem maßvollen und vorhersehbaren Tempo, da das Eurosystem die Tilgungsbeträge von Wertpapieren bei Fälligkeit nicht wieder anlegt“, so die Zentralbank.

Die Tilgungsbeträge der im Rahmen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (PEPP) erworbenen Papiere werden nicht vollumfänglich wieder angelegt.

Argumente für und gegen den jüngsten Zinsschritt

Nicht alle waren vorab mit der außerplanmäßigen Zinssenkung hundertprozentig einverstanden. So erklärte u. a. Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, dass die EZB besser vorsichtig agieren und an einer restriktiven Geldpolitik festhalten solle. „Die Löhne im Euroraum steigen weiterhin mit Raten von 4,00 bis 5,00 Prozent, was deutlich über dem Inflationsziel der EZB liegt“, so der Volkswirt.

Sein Blick und der einiger anderer Kritiker richtet sich zudem auf die Kerninflation, d. h. die Inflationsrate ohne Energie und Nahrungsmittel. Jener Wert stand zuletzt bei 2,7 Prozent – deutlich über dem erwähnten Zielwert. Auch die Teuerung für Dienstleistungen stagniert bei ca. 4,00 Prozent.

Befürworter der Zinssenkungen argumentieren hingegen mit der Notwendigkeit, die Konjunktur in der Eurozone anzukurbeln. Speziell Deutschland, derzeit in einer Rezessionsphase, könnte von niedrigere Zinsen profitieren – Unternehmen kämen günstiger an Kredite und Investitionen wären möglich.

Was allerdings nicht mit niedrigeren Zinsen lösbar ist: Das übersichtliche Konsumklima in den EU-Staaten. Viele Verbraucher verschieben Anschaffungen. Ob sinkende Sparzinsen die Konsumlaune anfeuern, wie einige Experten annehmen, darf bisweilen bezweifelt werden.

Weiterführende Links und Quellen

Geldpolitische Beschlüsse vom 17. Oktober 2024

Tagesschau: Das „Biest Inflation“ ist tückisch

Krämer: Zinssenkung jetzt keine gute Idee für Europa

Tagesgeldrechner: