Mit Statistiken lässt sich vortrefflich lügen – das ist keine neue Weisheit. Allerdings hat der Lug und Trug rund um Statistiken in den letzten Jahren eine ganz neue Dimension angenommen. Mit Statistiken lassen sich Meldungen produzieren, die Panik verbreiten. Und diese Panik – so renommierte Statistiker – führt oftmals zu mehr Schaden als der erforschte Sachverhalt selbst. So werden fast täglich in den Medien die Ergebnisse neuer Studien aufbereitet, die offensichtlich neue Schadstoffe in Lebensmitteln entdeckt haben wollen. Kommt beispielsweise eine Studie zu dem Ergebnis, das über 300 Schadstoffe in der Muttermilch vorhanden sind, ist diese Meldung einen Aufmacher in den Tagesthemen wert und verbreitet Panik. Viele Mütter stellen sich die Frage, ob das Stillen ihrer Kinder weiterhin verantwortungsvoll ist. Die Meldungen in den Medien suggerieren eine große neue Gefahr. Neu ist an den Befunden oftmals faktisch nichts. Die zitierten 300 Schadstoffe waren schon immer in der Muttermilch. Nur hat man heute neue präzisere Messverfahren mit denen man entsprechende Stoffe immer feinteiliger nachweisen kann. Die Auswirkungen, die Muttermilch-Substitute auf die weitere Entwicklung eines Kindes haben, sind hingegen noch im Unklaren.
Ein Beispiel, bei dem Panik durch systematisch falsch eingeschätzte Risiken zu einem höheren Schaden führt als der untersuchte Aspekt ist der 11. September 2011. Hier haben viele Menschen aus Panik vor dem Fliegen und vor Terroranschlägen entschieden, auf das Reisen per Flugzeug zu verzichten. Aus Angst vor Schäden durch Terroranschläge oder anderweitige Gefahren im Rahmen des Fliegens stiegen sie auf andere Verkehrsmittel um. Vor allem wurde mehr Auto gefahren. In den ersten Monaten nach dem 11. September hat sich die Anzahl der Todesfälle durch Autounfälle in Amerika so erhöht, dass man mittlerweile davon ausgehen kann, dass durch die so bedingten zusätzlichen Autounfälle inzwischen mehr Menschen ihr Leben verloren haben als bei den verheerenden Terroranschlägen selbst.
Diese und viele weitere Meldungen, vor allem aus dem medizinischen Bereich, die Statistiken in den Medien produzieren, sollte man daher mit einer gewissen Vorsicht genießen und nicht sofort unüberlegte Verhaltensänderungen vollziehen. Die richtige Einschätzung von Risiken ist und bleibt ein schwieriges Unterfangen. Selbst unsere eigenen Statistiken sollten immer nur im Kontext damit betrachtet werden, welche Datenbasis zugrunde liegt. So bildet unsere Tagesgeldzins-Statistik derzeit die Zinsentwicklung von 71 Tagesgeldkonten ab. Wir sind ständig auf der Suche nach weiteren Angeboten, die wir dann in die Statistik aufnehmen. Wenn dabei nur zehn neue Angebote mit unterdurchschnittlich niedrigen Zinsen gefunden werden, sinkt natürlich unser Durchschnittszins und zeigt an, dass die Tagesgeldzinsen rückläufig sind. Was aber nicht der Fall sein muss, da wir nur die Datenbasis verbreitert haben. Sie sehen also, jede Statistik sollte genau hinterfragt und betrachtet werden.