Die Europäische Zentralbank hat sich durch ihre Manöver im Zuge der Finanz- und Staatsschuldenkrise in eine sehr schwierige Position gebracht. Viel Kritik mussten die Hüter der Preisstabilität mit Sitz in Frankfurt einstecken. Der ehemalige Präsident Trichet musste rechtfertigen, warum die Zentralbank in den schwierigen Zeiten der Finanzkrise auf unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen wie etwa den Ankauf von Wertpapieren zurückgegriffen hatte und dabei auch minderwertige Qualitäten akzeptierte. Der neue Präsident Mario Draghi muss diese Strategie nun ebenfalls verteidigen und auch deren Einsatz im Rahmen der Eurokrise zur Stabilisierung der Zinsen auf Staatsanleihen der Krisenländer begründen. Mit der ursprünglichen Aufgabe der EZB und vor allem ihrer Unabhängigkeit gegenüber politischen Institutionen sind diese Maßnahmen jedoch nur schwer vereinbar. Manche Kritiker werfen der EZB sogar vor, mit ihren Aktionen klar gegen den Maastrichter Vertrag verstoßen zu haben. Nicht zuletzt aus diesen Gründen dürfte die EZB auch zwei ihrer führenden Akteure verloren haben: Chefvolkswirt Stark trat unter anderem aus diesen Gründen vorzeitig von seinem Amt zurück. Und Axel Weber tat dies als Präsident der Deutschen Bundesbank und hoch gehandelter Nachfolger von Trichet.
Die geldpolitische Strategie der Zentralbank könnte angesichts dieser Vorkommnisse stark ins Wanken geraten sein. Letztlich ist der Einsatz der Geldpolitik immer mit einer konkreten Zielrichtung verbunden. Die EZB hat das Ziel die Erreichung und Sicherung von Preisniveaustabilität im Euroraum zu gewährleisten. Damit unterscheidet sie sich zunächst auch fundamental von der amerikanischen Notenbank, dem Federal Reserve System. Hier wird gleichzeitig auch noch das Ziel der Konjunkturstabilisierung verfolgt. Ganz gleich welches Ziel verfolgt wird: Da die Zentralbanken keinen direkten Einfluss auf die gesamtwirtschaftlichen Endziele haben kann, bedarf es einer geldpolitischen Strategie.
Diese wiederum besteht zum einen aus den Instrumenten, die zum Einsatz kommen können. Bei der EZB sind dies die Offenmarktgeschäfte, Ständigen Fazilitäten sowie die Mindestreserve. Die operativen Ziele, die wiederum die Zwischenziele steuern sollen, waren bisher immer die Geldbasis und der Geldmarktzins. Als Zwischenziele können Wechselkurse, Kredit- und Kapitalmarktzinsen, die Geldmenge oder aber die Inflationserwartungen agieren um Einfluss auf die Endziele der Preisniveaustabilität und/oder der Konjunkturstabilisierung zu nehmen. Möglicherweise bedarf es angesichts der Umwälzungen in den Handlungen der EZB einer Rückbesinnung auf diese Strategie – oder aber auch einer Neudefinition.