Niedrige Zinsen: Deutschland soll jetzt Schulden tilgen

Angesichts des innerhalb der Eurozone durch expansive geldpolitische Maßnahmen und andere Faktoren sehr niedrigen Zinsniveaus, ist ein Vorschlag von CDU-Vordenker Kurt Biedenkopf auf reges Interesse unter Ökonomen gestoßen. Biedenkopf stellte Anfang der Woche im Handelsblatt fest, dass der deutsche Staat unterfinanziert ist und angesichts der europäischen Staatsschuldenkrise dringend etwas getan werden müsse, um die Staatsverschuldung zurück zu führen. Dies sei aktuell wichtig, da man sich das niedrige Zinsniveau zu Nutzen machen könnte. Die Schulden des Staates sollen schrittweise getilgt werden und damit über die Bemühungen, die schon durch die in der Verfassung verankerten Schuldenbremse angestrebt, noch weiter ausgebaut werden.

Konkret schlägt Kurt Biedenkopf einen Altschulden-Tilgungsfonds vor, in den die Mehreinnahmen der Einkommenssteuer eingezahlt werden, die jährlich aufgrund der Progression vorhanden sind. Der Tilgungsfonds tilgt dann nach und nach die Staatsschulden. In seinem Konzept, das Biedenkopf zusammen mit Ex-Staatssekretär Overhaus entwickelt hat, wird von einem Tilgungsvolumen von etwa 0,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes pro Jahr gesprochen. Dieser Vorschlag hört sich zunächst recht vielversprechend und auch finanzierbar an, stößt aber unter Ökonomen und Politikern teilweise auf Kritik.
Ökonomen wie der Ifo-Chef Hans-Werner Sinn begrüßen die Initiative ausdrücklich und mahnen, dass Deutschland auch nicht besser handeln würde als Italien, wenn jetzt nicht zu niedrigen Zinsen getilgt würde. Die Italiener hätten das niedrige Zinsniveau, das durch den Euro erreicht wurde, schlichtweg verfrühstückt und stehen nun vor großen Problemen. Diesen Fehler dürfe Deutschland nicht begehen und müsse daher jetzt tilgen. Auch weitere Experten stehen der Idee positiv gegenüber, fordern aber teilweise eine andere technische Umsetzung. Der Deutsche Beamtenbund, der ebenfalls zu den Befürwortern zählt, hat den Steuerwissenschaftler Paul Kirchhof beauftragt, ein detailliertes Konzept zur Schuldentilgung vorzulegen.

Aus der Politik hingegen hört man eher kritische Stimmen. So wird die Gefahr der zu hohen Staatsverschuldung beispielsweise von Michael Meister (CDU) heruntergespielt. Er geht davon aus, dass mit der Schuldenbremse ohnehin eine schnelle Reduktion der Staatsschulden gemessen am BIP erreicht wird. Weitere Maßnahmen darüber hinaus seien daher vorerst nicht notwendig.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert