Europas große Banken vor dem Zusammenbruch?

Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins bereits mehrfach auf ein historisches Tief gesenkt, inzwischen liegt der Hauptrefinanzierungssatz für die Banken der Euro-Zone auf 0,15 Prozent. Die Kreditvergabe, vor allem an Unternehmen, kommt trotzdem nicht in die Gänge. Wer sich die Bilanzen der Banken in Europa ansieht, der bemerkt unweigerlich, wohin das Geld der Kreditinstitute wirklich fließt.

Europa hat zu viele große Banken

In einer bislang kaum von der Öffentlichkeit beachteten Studie, die im Juni dieses Jahres veröffentlicht wurde, zeigt das European Systematic Risk Board (ESRB) auf, wo das Geld der Banken in Europa steckt. Wäre zu erwarten gewesen, dass viele der Kredite im vergangenen Jahr an Unternehmen wie an Verbraucher gingen, zeigen die Zahlen ein ganz anderes Bild auf. So sind die Bilanzen der großen Banken zwar aufgebläht und haben im Verhältnis zur EU-Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr eine Bilanzsumme von 274 Prozent erreicht  aber die Vergabe von Krediten kam und kommt nach wie vor nicht in die Gänge.

Unternehmenskredite im Abseits

Nur 15 Prozent der Bilanzsumme der Banken in Europa sind im Jahr 2013 auf Kredite an Unternehmen entfallen. Eine Zahl, die erst einmal geschluckt werden muss angesichts einer Wirtschaftskrise in Europa und kriselnder Betriebe, die dringenden Finanzierungsbedarf haben. Doch die Rettung der Unternehmen und damit der Wirtschaft der Schuldenstaaten scheint nicht auf dem Blatt der Banken zu stehen. Unternehmenskredite stehen damit im Abseits, statt im Fokus der Banken, während andere Bereiche von Krediten profitieren können und den Betrieben damit zugleich das Wasser abgraben.

Privaten Haushalten geht es kaum besser

Die Unternehmen bekommen kaum Kredite, in Italien ist eine historische Kreditklemme entbrannt, doch auch den privaten Haushalten in Europa geht es in Sachen Kreditvergabe kaum besser. Nur drei Prozent mehr an Krediten haben die Konsumenten in Europa von den Banken erhalten – insgesamt 18 Prozent. Im letzten Jahr sind damit insgesamt 33 Prozent und nur ein Drittel der von den europäischen Banken vergebenen Finanzierungen an Unternehmen bzw. Privathaushalte geflossen.

Kredite an Regierungen, das Ausland und Derivats-Geschäfte

Im September des Jahres 2008 kam es zum Zusammenbruch der US-Großbank Lehman Brothers. Danach gab sich die Bankenbranche reumütig, und es sah danach aus, als würden die Geldinstitute eine neue Richtung einschlagen. Die vom ESRB veröffentlichten Zahlen zeigen ein ganz anderes Bild auf und die nächste große Finanzkrise zeichnet sich durch die erneut bzw. immer noch aufgeblähten Bilanzen der europäischen Banken bereits ab. Zwei Drittel und damit 67 Prozent der im vergangenen Jahr vergebenen Kredite der europäischen Banken flossen weder an Unternehmen noch an private Haushalte, sondern an Regierungen, ins Ausland, in das Geschäft mit Derivaten und in andere Bereiche. Die einstmals wesentlichen Sparten der Banken, die Unternehmenskredite wie auch die Konsumentenkredite, sind stattdessen im Hintertreffen. Einen Weg aus der Wirtschaftskrise wird es für Europa so nicht geben. Ein weiterer Absturz ist wohl vorprogrammiert.

Zu hohe Bankenkonzentration

Wie das European Systematic Risk Board im Rahmen seiner aktuellen Studie festgestellt hat, ist die Konzentration der Banken in Europa viel zu hoch. Im Vergleich mit den USA kommen die 20 größten europäischen Banken laut ESRB auf eine Bilanzsumme, die fast das Doppelte der Bilanzsumme der 20 größten US-Geldinstitute beträgt. Natürlich kann jetzt eingeworfen werden: Aber Europa hat ja insgesamt mehr Einwohner als die USA. Vergessen werden darf hierbei jedoch nicht, dass sich die Wirtschaft in den USA zu 70 Prozent auf Pump finanziert. Das heißt, Kredite sind in den USA gang und gäbe. Kredite gehören in den USA einfach zum Alltag dazu, was in Europa nicht der Fall ist. Aus diesem Grund ist die Bilanzsumme der europäischen Banken in 2013 mit 274 Prozent im Vergleich mit der Bilanzsumme der US-Banken im gleichen Zeitraum mit nur 145 Prozent erschreckend. Es zeigt das Abbild einer aufgeblähten Bankenbranche, die teilweise nur künstlich am Leben erhalten wird.

Was Sparer und Anleger jetzt tun können

Stehen Europas große Banken bald vor dem Aus? Im Oktober dieses Jahres werden die Ergebnisse des Bankenstresstest 2014 veröffentlicht werden. Dann wird sich zeigen, welches der führenden Institute nicht mehr sanierungsfähig ist und abgewickelt werden muss. Im November wird die neue Europäische Bankenaufsicht ihre eigentliche Arbeit aufnehmen. Welcher Stein dann noch auf welchem anderen liegen wird? Alles ist möglich, nicht alle im Stresstest unter die Lupe genommenen Banken werden dieses Jahr überleben. Für Anleger und Sparer ist es deshalb wichtig, sich gut zu überlegen, welcher Bank sie ihr Geld überlassen wollen. Zu bedenken ist: Selbst wenn es einen Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken gibt, sollte es zu einer oder mehrerer Bankenabwicklungen großer Banken kommen, wird auch dieser Pott schnell leer sein. Mehr als 100.000 Euro je Kunde (und nicht je Bank und nicht je Konto!) sollte deshalb nicht angelegt werden, trotz blindem Vertrauen auf die Einlagensicherung in Deutschland. Es ist an der Zeit über andere Anlagearten nachzudenken und sich andere Anlagestrategien zu überlegen, anstatt auf vermeintlich sichere Spareinlagen zu setzen. Investitionen in Sachwerte wie Immobilien und Aktien sind damit mehr denn je wichtige Optionen, und viele Finanzexperten sehen eine nicht minder wichtige Option in der Anlage in Edelmetalle. Dies nicht aufgrund der Möglichkeit einer Rendite durch die Anlage in Gold und Silber, sondern vor allem aufgrund der Vermögenserhaltung.

Der große Knall ist kaum vermeidbar

Eine aufgeblähte Bankenbranche, eine blind in geldpolitischen Maßnahmen herumstochernde Europäische Zentralbank und überforderte Regierungen in Europa. All dies wird früher oder später zu einem erneuten Knall führen.

Aktuelles Geldvermögen deutscher Privathaushalte

Der Bestand an Bar- und direkt verfügbaren Buchgeld (z. B. eine kurzfristige Geldanlagen bei einer Bank) über den eine bestimmte Wirtschaftseinheit verfügt, bezeichnet man als Geldvermögen. MIt Hilfe von Einkommens-und Verbraucherstichproben ermittelt das statistische Bundesamt die ungefähre Höhe und die Entwicklung des Geldvermögens in Privathaushalten. Die folgende Statistik zeigt das Geldvermögen deutscher Privathaushalte.

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Quellen:

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