Während ganz Europa gen Süden schaut, vollzieht sich auch in Deutschland eine Entwicklung, die nicht mehr lange ohne Gegenwehr bleiben kann. Der erhobene Zeigefinger in Richtung Griechenland, Portugal, Spanien oder Irland ist ein Symbol von Stärke. Oftmals wurden in den öffentlichen Diskussionen damit preußische Tugenden wie die Sparsamkeit verbunden. Das Kraftpaket Europas, Deutschland, konnte es sich häufig erlauben, das Sparen in den Südstaaten anzumahnen. Die Fassade bröckelt allerdings immer weiter, da auch Deutschland sich bald nicht mehr auf den eigenen Lorbeeren ausruhen darf. Die Frage, ob diese Lorbeeren überhaupt verdient sind, muss sich Bundeskanzlerin Angela Merkel bald nicht mehr nur aus dem Ausland gefallen lassen. Ein Blick auf die eigene Schuldenuhr der Bundesrepublik zeigt, dass sich die Schuldensituation auch in Deutschland in den vergangenen Jahren drastisch zugespitzt hat. Von deutschen Tugenden kann daher im Hinblick auf den eigenen Staatshaushalt möglicherweise auch bald keine Rede mehr sein.
Obwohl in den vergangenen beiden Jahren die Konjunktur in Deutschland auf Hochtouren lief und der Bundeskanzlerin sowie ihrem Finanzminister Rekord-Steuermehreinnahmen für die Planung des Bundeshaushaltes zur Verfügung standen, konnten die Schulden nicht merklich gesenkt werden. Viel schlimmer noch: Es konnte noch nicht einmal die Aufnahme neuer Schulden vereitelt werden. Die deutschen Staatsschulden liegen seit Anfang dieses Jahres auf einem Rekordniveau von 2,42 Billionen Euro und sind im Vergleich zum Vorjahr um 2,1 Prozent angewachsen. Dies teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Dieselbe Entwicklung zeigen auch unsere Statistiken zur Staatsverschuldung in Deutschland auf.
Anstelle nach Möglichkeiten des Sparens und Ausgabenkürzungen zu suchen, die für Politiker verständlicherweise eher unangenehme Folgen haben könnten, wird zunehmend auf eine Optimierung der Einnahmeseite geschielt. Die Finanztransaktionssteuer soll als wichtigstes Instrument und Konsequenz aus der europäischen Staatsschuldenkrise mit dazu beitragen eben diese zu lösen. Inzwischen scheint dies abgesehen von Großbritannien und einigen skandinavischen Ländern in Europa auch weitestgehend politischer Konsens zu sein: Italien, Spanien, Frankreich und nun auch Deutschland werden sich in den kommenden Monaten mit der Einführung einer derartigen Steuer auseinandersetzen. Vor allem auch deswegen, weil man die immer bedrohlicher werdende eigene Haushaltslage in den Griff bekommen will.