Was passiert, wenn die Leitzinsen in den USA steigen?
In den USA gibt es derzeit ein wiederkehrendes Ereignis, dass den gesamten Finanzmarkt nervös macht: die Leitzinserhöhungen der US-Notenbank.
Bei einer Leitzinserhöhung erhöht die Zentralbank eines Landes oder Währungsraumes den Zinssatz, zu dem sich Banken bei ihr Geld leihen können. Steigende Leitzinsen bedeuten, dass das Leihen von Geld für die Banken teurer wird.
Da die Banken diese Teuerung an ihre Kunden weitergeben, werden Kredite wieder teurer. Zinssparer hingegen profitieren von steigenden Anlagezinsen für Tages- und Festgelder.
Was ist bisher passiert?
Dass der Wille besteht, den Leitzins wieder in „übliche“ Zins-Gewässer zu führen, bekräftigten die US-Notenbanker auf ihrer Sitzung am 15. Dezember 2021. Darin werden drei Zinsanhebungen für 2022, drei weitere für 2023 und zwei in 2024 angekündigt. Von 0,25 Prozent könnte der Leitzins dann auf 1,00 Prozent Ende 2022, 1,75 Prozent Ende 2023 und 2,25 Prozent in 2024 steigen, wenn jede Zinserhöhung 25 Basispunkte umfasst.
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Welche Auswirkungen hat die Erhöhung des US-Leitzinses?
Kurzfristige Zinsen am Anleihemarkt steigen
Ein höherer Leitzins beeinflusst direkt die kurzfristigen Zinsen am Anleihemarkt. Die Folge sieht man in der Zinsstrukturkurve für US-Staatsanleihen: sie wird flacher. Hier liegt ein großes Risiko für die Fed: übertreibt sie es mit den Zinserhöhungen, können die kurzfristigen Zinsen über den langfristigen Zinsen liegen. Die Zinsstrukturkurve wird invers – ein bisher untrügliches Anzeichen für eine Rezession. Wieso? Nun, zu den kurzfristigen Zinsen leihen sich die Banken vereinfacht ausgedrückt Geld, welches sie zu den langfristigen Zinsen verleihen. Ist der kurzfristige Zins höher als der langfristige, zahlt die Bank drauf, ihre Zinsmarge ist negativ. Von daher sind gerade Anleger gut beraten, die Zinsstrukturkurve im Blick zu behalten:
Kapitalabflüsse aus Schwellenländern
Geht mit dem Anstieg des Leitzinses z. B. eine Stärkung des US-Dollars einher, hat dies unter Umständen negative Auswirkungen auf diverse Schwellenländer. Riskant für Schwellenländer sind in erster Linie die immensen Kapitalabflüsse. Schichten Anleger ihr Kapital aufgrund steigender US-Zinsen um, leiden Staaten wie Brasilien oder China beträchtlich darunter.
Viele Regierungen bzw. Unternehmen in den Schwellenländern haben hohe Schulden in US-Dollar angehäuft. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) schätzt, dass im dritten Quartal 2015 ca. 1,1 Billionen an Dollar-Anleihen von Nicht-Banken in Emerging Markets aufgelegt wurden. Damit hat sich das Volumen innerhalb von sieben Jahren mehr als verdoppelt (2008: 509 Mrd. US-Dollar).
Die gesamte Dollarverschuldung außerhalb der USA liegt nach Angaben der BIZ bei rund 9,8 Billionen Dollar (Stand: 2015)2. Gestiegen sind diese Schulden besonders in China, Mexiko, der Türkei, Chile und Südafrika.
Ein Blick nach China: Dort läuft fast ein Viertel aller Unternehmenskredite in US-Währung. Die Gewinne werden jedoch in Yuan geschrieben. Entsprechend wenig Interesse besteht in einer Aufwertung des US-Dollars. Zuletzt wurde deshalb bereits mit einer Abwertung des Yuan gespielt. Wenn sich die Wirtschaft nicht anders stabilisieren lasse, dann eben mit drastischen Maßnahmen. Märkte wie Malaysia oder Taiwan dürften den Effekt spüren, da ihre Wirtschaft eng mit dem chinesischen Markt verflochten ist. Fazit an dieser Stelle: Mit einem erstarkten Dollar wird der Schuldendienst teuer für die Schwellenländer.
Darüber hinaus erwarten Experten zahlreiche „Nebeneffekte“, beispielsweise extreme Kursschwankungen an den Finanzmärkten – im schlechtesten Fall. Auch hier geraten die aufstrebenden Märkte eventuell in den Mittelpunkt.
Wie wird sich der Anstieg für Verbraucher zeigen?
Änderungen des Wechselkurses
Für den Verbraucher spiegelt sich der Zinsanstieg zunächst in einem veränderten Wechselkurs wider. Der Euro wird erwartungsgemäß etwas gegenüber dem US-Dollar verlieren. Importe aus den USA werden damit teurer. Umgekehrt verbilligen sich aber Exporte aus der EU.
Da Rohöl in US-Dollar gehandelt wird, werden die Preise für Benzin wahrscheinlich leicht zulegen.
Urlauber in den Vereinigten Staaten müssen ebenfalls tiefer in die Tasche greifen.
Höhere Zinsen für Sparer und Anleger
Für Sparer und Anleger sind Leitzinserhöhungen gute Nachrichten – es sei denn, sie besitzen Anleihen, denn deren Notierungen sinken, damit ihre Rendite denen neu begebener Anleihen mit nun höheren Zinsen entspricht. Zinssparer mit Tages- oder Festgeld in US-Dollar hingegen sind auf der Gewinnerseite. Sie können aktuell (Stand: Dezember 2021) mit Zinsen von 1,80 Prozent und mehr aufs Festgeld rechnen, wie ein Blick auf unseren Vergleich zeigt:
Bank | Währung | Anlage | Laufzeit | Zinssatz p.a. |
Mindest- einlage |
Maximal- einlage |
zur Bank |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Stand: 16.12.2021 | |||||||
pbb direkt USD-Festgeld |
USD | Festgeld | 12 bis 120 Monate |
bis 1,80% |
5.000 USD | unbegrenzt | weiter |
BlueOrange Bank USD-Festgeld |
USD | Festgeld | 12 bis 36 Monate |
bis 1,00% |
2.000 USD | 100.000 USD | weiter |
pbb direkt USD-Tagesgeld |
USD | Tagesgeld | variabel | 0,25 % | 5.000 USD | unbegrenzt | weiter |
Positive Anreize für einzelne Märkte
Einige Märkte sehen einen steigenden Leitzins und einen starken US-Dollar auch als anregendes Element. So erwartet die japanische Exportwirtschaft einen positiven Trend. Zwischen der Entwicklung des US-Dollars, des Yen und des Nikkei besteht überdies eine hohe Korrelation4.
Ist die Niedrigzinsphase in den USA am Ende?
Ein klares „ja“. Der Leitzins liegt mit 1,75 bis 2,00 Prozent deutlich höher als 2015. Indes: das Pulver der Fed dürfte unserer Meinung nach fast verschossen sein, soll die Zinsstrukturkurve nicht invers werden. Eine Stärkung des US-Dollar gegenüber dem Euro wäre aufgrund des Kapitalflusses von Anlegern in US-Zinspapiere zu erwarten.
Wird die EZB ihre Zinsen anheben?
Unserer Einschätzung nach dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Anleihekaufprogramm 2018 auslaufen lassen und 2019 mit dem Abbau der aufgeblähten Bilanz beginnen. Ende 2019 wäre dann auch der Zeitpunkt, an dem wir eine erste Anhebung des Leitzinses für die Eurozone erwarten.
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