Konjunktur: Rückblick rosig, Aussichten ängstlich

Deutschland ist die Wachstumslokomotive Europas: dieser vielverwendete Ausspruch hat sich im Jahr 2011 laut ZIW-Konjunkturindex absolut bestätigt. Die ersten drei Quartale dieses Jahres waren außerordentlich gut und konnten Wachstumsraten von bis zu 2,9 Prozent aufweisen. Damit steht die Entwicklung in Deutschland bisher im Kontrast zur wirtschaftlichen Entwicklung der gesamten Eurozone, die – wenn Deutschland nicht ein Teil von ihr wäre – wohl bereits jetzt negative Wachstumsraten aufweisen würde. Der Rückblick auf das bisherige Jahr ist also durchweg positiv, doch die Aussichten sind eher düster.

Angesichts der Staatsschuldenkrise in Europa und einer weltwirtschaftlich insgesamt schwächeren Konjunkturentwicklung stehen hinter den Wachstumsraten für das kommende Jahr dicke Fragezeichen. Auch die Entwicklung im vierten Quartal von 2011 deutet schon auf eine drastische Abkühlung hin. Es könnte auch für Deutschland hier bereits zu einem negativen Wachstum kommen.

Diese Aussicht wird zumindest in den Kreisen der Bankvolkswirte diskutiert, wenngleich das Meinungsbild eher Uneinigkeit widerspiegelt. Einige erwarten für das vierte Quartal einen Einbruch der Wirtschaftsleistung, andere wiederum prognostizieren die Fortschreibung des Gesamttrends aus 2011. Letzteres wird vor allem mit der Robustheit der deutschen Wirtschaft begründet, die in diesem Jahr unter Beweis gestellt hat, das sie eben nicht nur von den Exporten abhängig ist. In den ersten Quartalen des Jahres, so der ZIW-Index, sei die Wirtschaftsleistung insbesondere vom Ausmaß des privaten Konsums und Investitionen, also der Binnennachfrage, abhängig gewesen.

Inwiefern die deutsche Wirtschaft allerdings auch den unvorhersehbaren Entwicklungen der Schuldenkrise Stand halten kann ist weiterhin unklar. Zwar halten die deutschen Wachstumsraten den Durchschnitt der Eurozone weiterhin auf gutem Niveau. Wenn allerdings viele europäische Länder in eine Rezession abdriften, wird auch Deutschland folgen. Denn immerhin 40 Prozent der deutschen Exporte bleiben innerhalb Europas. Pessimistische Volkswirte prognostizieren nicht nur für das vierte Quartal 2011 einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes, sondern auch für das darauffolgende erste Quartal 2012. Damit wäre dann sogar die formale Definition einer Rezession erfüllt. Diese liegt dann vor, wenn mindestens zwei Quartale in Folge ein Rückgang der Wirtschaftsleistung vorliegt.

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